Aufrufe
vor 3 Jahren

f+h fördern und heben 04/2020

  • Text
  • Sammelmappe
  • Hersteller
  • Zeit
  • Neuhaus
  • Kommunikation
  • Einsatz
  • Logistik
  • Mithilfe
  • Produkte
  • Systeme
  • Unternehmen
f+h fördern und heben 04/2020

PERSPEKTIVEN Dirk

PERSPEKTIVEN Dirk Bauerkämper: Herkömmlichen Kommunikationsprotokollen fehlte bislang die erforderliche Plattformunabhängigkeit für die Datenkommunikation in der Automatisierung. Und dies gilt auch für den Vorgänger von OPC UA, der Version OPC Classic. Diese Version schloss die Verwendung von Linux-Betriebssystemen oder modernen Web-Architekturen aus. Mit der OPC-UA-Version ließ sich die erforderliche Unabhängigkeit von Betriebssystemen und Interoperabilität zwischen verschiedenen Automatisierungsebenen erreichen. Vor allem durch das Zusammenwachsen der klassischen Automatisierung mit der Unternehmens-IT gewinnt OPC UA auch in der Intralogistik stark an Bedeutung. Bernd Wieseler: Der OPC-UA-Standard hat den Vorteil, dass die Authentifizierung und die Verschlüsselung schon in Standardprofilen von OPC UA eingearbeitet wurden und dies somit direkt genutzt werden kann. So lassen sich über die Authentifizierung Kommunikationspartner festlegen und Daten über die Verschlüsselung sicher übertragen. Dies ist hat eine sehr große Relevanz, wenn die Kommunikation z. B. über offene Netzwerke wie dem Internet geschieht. Eine Studie vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BIS) hat die Sicherheit der Kommunikation von OPC UA bestätigt. Auch in der „AIM OPC Companion Specification“ werden diese Mechanismen genutzt. Die Spezifikation ist erstellt worden, um dem Kunden eine einfache Möglichkeit zur Kommunikation mit Auto-ID- Systemen über OPC UA zu bieten. Somit können Endgeräte, die als OPC-UA-Server ausgelegt sind, einfach mit überliegenden Systemen mit OPC-UA-Clients, wie etwa ERP- oder Steuerungssysteme, kommunizieren und per OPC-UA-Standard einfach in die Applikation integriert werden. Foto: AMI Förder- und Lagertechnik Von OPC UA ist vielfach im Kontext von Industrie 4.0 und dem Internet der Dinge die Rede. In welchen Kernbereichen der Intralogistik empfiehlt sich aus Ihrer Sicht der Umstieg und worin besteht der konkrete praktische sowie aus wirtschaftlich/strategischer Sicht interessante Nutzen? Elmar Büchler: OPC UA macht in verschiedenen Anwendungen in der Intralogistik Sinn, z. B. wenn es ganz konkret darum geht, Identifikationsinformationen eines Warenträgers, Behälters und Produkts zu erfassen. Diese sind häufig in einem RFID-Datenträger oder als Barcode abgespeichert und müssen mit dem Kundenauftrag in der Auftragsverwaltung und der Steuerung eines MES bzw. ERP-Systems verknüpft werden. Weitere Anwendungen sind die sichere Auftragsrückverfolgung, die lückenlose Rückverfolgung in der Distributionskette, der Beleg von Historie und Herkunft im Rahmen der Qualitätssicherung und die Gewährleistung der Produktsicherheit durch ein Kontrollsystem zum Nachweis der Originalität. Letztere spielt vor allem in der Pharmaindustrie eine wichtige Rolle. Diese Informationen, die per Kamera, Barcodeoder auch RFID-Lesegerät erfasst werden, sind in einer Datenbank so abzulegen, dass ein MES oder ein ERP-System jederzeit darauf zugreifen kann. Um solch eine Applikation effizient und kostengünstig umzusetzen, macht es Sinn, die Erfassungskomponenten, etwa einen RFID-Reader, direkt und ohne Umweg über die Steuerung mit der Datenbank und dem MES oder auch der ERP-Lösung kommunizieren zu lassen. Dafür ist OPC UA bestens geeignet. 20 f+h 2020/04 www.foerdern-und-heben.de

PERSPEKTIVEN Stefan Elspass: OPC UA ist nach unserer Einschätzung eine technologische Voraussetzung, um Smart Factories aus Subsystemen verschiedener Zulieferer in effizienter Weise bauen zu können. Effizient heißt hier: weniger technischer Aufwand, dadurch niedrigere Kosten und letztendlich niedrigere Preishürden für die Bauherren künftiger Smart Factories. Strategisch bedeutet dies für diejenigen, die künftig als Zulieferer am Bau von Smart Factories teilhaben wollen: Sie müssen ihre Produkte und Services auf diese einheitlich normierte Steuerungsschnittstelle für den Datenaustausch ausrichten. OPC UA ist hier sozusagen eine Art technologische Eintrittskarte. Den wirtschaftlichen Nutzen genauer quantifizieren zu wollen, ist schwierig. Vielleicht hilft an dieser Stelle aber die Erwartung an OPC UA zu formulieren: Die Parametrierung und Inbetriebnahme eines gemeinsamen dezentralen Steuerungssystems – bestehend aus Maschinen unterschiedlicher Hersteller – dauert zukünftig nicht viel länger als heute die Kopplung eines Bluetooth-Geräts mit einem Smartphone. Andreas Höll: Im Kontext von Industrie 4.0 jeden Sensor über OPC UA anzubinden, macht nicht für jede Situation Sinn, da der Mehrwert nicht spürbar ist. Wohingegen die Anbindung von Informationen des Gefahrenübergangs, d. h. Warenvereinnahmung und Ausbuchungen aus dem System, mithilfe von Auto-ID- oder Vision-Technologien, sinnvoll ist. Damit stehen die Daten im Internet der Dinge für viele Konsumenten in standardisierter Form bereit. Zusätzliche Anwendungsfälle sind z. B. das Asset Management oder die erweiterte Gerätediagnose. Mit der standardisierten Kommunikation und Beschreibung, wie in der „Verwaltungsschale“ beschrieben, lassen sich einfach alle verbauten Geräte inventarisieren. Dies kann genutzt werden zur Vereinheitlichung und Verringerung von Ersatzteilbeständen oder dem gezielten Update von verbauten Geräten. Diese Informationen sind nicht für die Anlagensteuerung in Echtzeit relevant. Hierfür bietet auch OPC UA die Möglichkeit der standardisierten Datenübertragung. Bernd Wieseler: Vor allem bei der Kommunikation mit Identifikationssystemen ist es nicht immer erforderlich, dass die Systeme mit den Steuerungen kommunizieren. Hier können die Daten auch direkt vom Identifikationssystem an das ERP übertragen werden, was schnelle Entscheidungen in der Supply Chain erlaubt. Aufgrund der eindeutigen Identifizierung eines Artikels kann das ERP-System weitere Mechanismen direkt antriggern. Wenn z. B. ein Gabelstapler mit der Ware durch ein RFID-Gate auf einen Lkw fährt, kann die Ware nach der Identifikation direkt im ERP ausgebucht und parallel die Rechnungstellung an den Kunden ausgelöst werden. Dabei lässt sich die Ware mit dem korrekten Gate abgleichen, sodass immer der richtige Lkw beladen wird. Diese Lösung führt dazu, dass händische Prozesse und veraltete Papierlösungen wie ein Warenbegleitschein nicht mehr verwendet werden müssen. So wird der Prozess beschleunigt und alle relevanten Daten lassen sich auf einfache Weise digital erfassen. Dies führt zu einer Reduzierung von Falschlieferungen, aber auch zu einer höheren Effizienz, weil der Ablauf nicht angehalten werden muss. Die Datenerfassung und -verarbeitung geschehen während des laufenden Prozesses. Dirk Bauerkämper: OPC UA ist durch interoperable, vereinheitlichte Datenmodelle und durch die Verwendung von Web-Basistechnologie wie TCP/IP und https für die Vernetzung von intralogistischen Anlagen (Nicht-Echtzeit-Anwendungen) gut geeignet. Die Lücke in die Echtzeitanwendungen auf Maschinenebene wurde inzwischen durch OPC UA over TSN (Time Sensitive Network) zumindest theoretisch geschlossen. Nutzen bringt die vollständige Anbindung von unterschiedlichen Automatisierungsgeräten bis zum Warenwirtschaftssystem (ERP-Ebene). Durch die offenen, standardisierten Schnittstellen werden Geräte verschiedener Hersteller, im Sinne einer aus Kundensicht optimalen Lösung, kombiniert. Entscheidend für einen Um- oder Einstieg mit OPC UA ist ein sinnvoller Anwendungsfall. Dabei kann es sich um Aufgaben bei der Warenidentifikation, beim Flottenmanagement von FTF oder beim Condition Monitoring von Regalbediengeräten handeln. Wir sehen als einen unserer Kernbereiche für OPC UA in der Intralogistik das Thema Industrial Analytics an, bei dem es darauf ankommt, Datenspuren aus verschiedenen Bereichen und Systemen, z. T. mit Embedded Systems, via OPC UA an einen On-Premise-Server anzubinden, alternativ ggf. über ein OPC-UA- Gateway eine Cloud-Anbindung zu realisieren und die Daten automatisiert zu analysieren. So lassen sich neue datengetriebene Geschäftsmodelle erschließen und durch OPC UA unterstützen. Olaf Wilmsmeier: In der Tat ist OPC UA das einzige Communication Layer, welches in der RAMI Spezifikation genannt exemplarisch genannt wird. In industriellen Anwendungen setzt sich OPC UA daher immer weiter durch – aber inzwischen auch in Consumer-Produkten. Wie bereits erwähnt, bietet OPC UA genau die Flexibilität und Möglichkeiten, die eine standardisierte Kommunikation leisten muss, um den Gedanken, der hinter Industrie 4.0 steht, umzusetzen. Es gibt nahezu keinen Maschinenhersteller, Backend-Software-Lieferant oder auch Gerätehersteller, der keine OPC-UA-Schnittstelle anbietet. Konkret schafft die Companion Specification for AutoID Devices die Voraussetzung, unabhängig von Gerätehersteller und Technik die Kommunikation aufzubauen. Somit kann der Anwender losgelöst von der Schnittstelle das passende Endgerät auswählen. Klingt banal, war aber bislang vor allem in der Auto-ID-Branche nicht selbstverständlich – dies, obwohl Auto-ID selbst eine Basistechnologie zur Steigerung des Automatisierungsgrads in der Logistik bzw. Erfüllung von Industrie 4.0 ist. Zudem ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. So lassen sich Daten von einem RFID-Reader direkt an das SAP- System oder die Azure Cloud schicken – aber zusätzlich auch an eine SPS eines Fördersystems. www.foerdern-und-heben.de f+h 2020/04 21