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f+h fördern und heben 12/2020

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f+h fördern und heben 12/2020

F+H NACHGEFRAGT MENSCHEN

F+H NACHGEFRAGT MENSCHEN UND MÄRKTE „EINE NETZWERKBASIERTE UNTERNEHMENS- STRUKTUR LEGT DIE BASIS, UM DIE ZUKUNFT GESTALTEN ZU KÖNNEN“ 6 f+h 2020/12 www.foerdern-und-heben.de

MENSCHEN UND MÄRKTE F+H NACHGEFRAGT Den Transformationsprozess der Beumer Group hin zu einem netzwerkbasierten Firmenverbund umzusetzen, ist für Dr.-Ing. Christoph Beumer eine Herzensangelegenheit. Im Gespräch mit der Redaktion erläuterte der Geschäftsführende Gesellschafter und Vorsitzende der Geschäftsführung der Beumer Group GmbH & Co. KG, warum dem so ist. Herr Doktor Beumer, in den zurückliegenden Jahren haben eine unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und auch eine Arbeitsteilung zunehmend an Relevanz gewonnen. Was bedeutet dies für die Organisation eines Unternehmens? nehmensorganisationen spielt es auch keine Rolle, ob die Kollegen, die ein Thema bearbeiten, in Indien, in China, in Deutschland oder in den USA zu Hause sind. In einem globalen Firmenverbund sind also globale Teams gefordert. Damit einher geht ein gravierender Wandel in der Organisations- und Führungsstruktur. Altgedienten Führungskräften sagt man auch ein gewisses Bestandsdenken nach. Ist das ein weiterer Hemmschuh bei der Einführung einer neuen Organisationsform? Christoph Beumer: Natürlich erfordert eine solche Organsiationsveränderung auch ein Umdenken bei den Führungskräften. Es gilt, wie zuvor bereits gesagt, gemeinsam an Themen zu arbeiten. Da kann man nicht mehr in alten Kategorien denken und sich in sein stilles Kämmerlein zurückziehen. Die Arbeit an Themen erfordert von jedem Flexibilität. Mehr Flexibilität erhöht zwangsweise auch den Grad der Unsicherheit. Darin liegt eine der Herausforderungen unserer Zeit: Wir müssen in unsicheren Zeiten in der Lage sein, komplexe Vorgänge zu managen ohne alle Details zu kennen. Diese Entscheidungen fallen dann zum Teil intuitiv, vor dem Hintergrund der Lebenserfahrung oder des ‚inneren Wissens‘, einige nennen das auch Bauchgefühl. All dies bilden hierarchische Organisationsstrukturen nicht ab. Als weltweit agierende Unternehmensgruppe haben Sie es nahezu täglich mit Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu tun, die Sie auf die Reise hin zu einer neuen Organisationsstruktur mitnehmen müssen. Welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur? Christoph Beumer: Hier sprechen Sie einen ganz zentralen Punkt an. Lassen Sie mich zur Beantwortung Ihrer Frage auf ein Zitat von Saint-Exupéry hinweisen: ‚Wenn du die Leute auffordern möchtest, ein Schiff zu bauen, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer‘. Und gewissermaßen trifft dies auch auf den Wandel in einem Unternehmen zu. Man kann Menschen nicht umerziehen. Und das will auch niemand. Jeder Kollege, muss so wie er ist, authentisch arbeiten können. Aber was gegeben sein muss, und dies ist in unserer Organisation der Fall: dass persönliche Beziehungen nicht nur zugelassen, sondern gefördert werden. In unserer Organisationsform ist es möglich, dass Menschen persönlich in Kontakt kommen und sich untereinander austauschen – und über eine persönliche Beziehung eine sachliche Auseinandersetzung führen können. So zu agieren kostet viel Zeit. Ich kann Ihnen aber versichern: am Ende des Tages lohnt es sich. Wir haben in der Beumer Group einen erweiterten Führungskreis von weltweit zirka 45 Personen. Und von denen haben in den vergangenen zehn Jahren nur zwei das Unternehmen von selbst verlassen. Diese Treue zum Unternehmen liegt auch in unserer Unternehmenskultur begründet. Das heißt nicht, dass wir in der Sache immer einer Meinung sind. Ganz im Gegenteil. Aber im Ergebnis weiß jeder, dass diese persönliche Beziehung trägt. Generell sollte, über alle regionalen und kulturellen Unterschiede hinweg, respektvoll miteinander umgegangen werden. Dies mag sich lapidar anhören, ist aber ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor – jedoch scheint dies noch nicht in allen Unternehmen angekommen zu sein. Christoph Beumer: Das kommt auf die Größe des Unternehmens an. Der Handwerksbetrieb wird sicher auch in Zukunft auf einen Chef hin ausgerichtet sein. Und der wird seinen Betrieb hierarchisch führen. Aber je größer und je komplexer ein Unternehmen wird, umso weniger sinnvoll sind derartige klassisch hierarchische Organigramme. Wir haben bereits vor einigen Jahren damit begonnen, die Organisation im Unternehmen zu ändern. Dies tun wir aber nicht aus reinem Selbstzweck. Die 4 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beumer Group erwirtschaften einen Jahresumsatz von etwa einer Milliarde Euro. Unsere sechs Business-Segmente tragen jeweils eine weltweite Verantwortung. Ebenfalls weltweite Standards setzen, aus der Gruppenführung heraus, die Linienfunktionen. Jeweils eine regionale Marktverantwortung obliegt unseren 35 Tochtergesellschaften. Aus dieser Aufstellung resultieren unterschiedliche Perspektiven – und ich gebe unumwunden zu: aus denen auch Konfliktpotenzial entstehen kann. Um dieses Konfliktpotenzial zu eliminieren, reicht es nicht mehr aus in hierarchischen Strukturen zu agieren. Aus meiner Sicht haben dies etliche Führungskräfte aber noch nicht erkannt. Eventuell liegt dies darin begründet, dass hierarchische Organisationsstrukturen einfach aufgebaut sind, jeder sie verstehen kann und jeder gelernt hat, mit ihnen umzugehen. Aber sie genügen in einer komplexen Welt nicht mehr den Anforderungen. Ursächlich hierfür ist, dass sich die aus den verschiedenen Perspektiven, die gleichrangig nebeneinanderstehen, herrührenden Konflikte mit hierarchischen Strukturen nicht lösen lassen. Wer dies versucht, wird scheitern, und zwar deshalb, weil die Berücksichtigung wichtiger Aspekte in der Entscheidungsfindung nicht möglich ist. Und diesen Fehler machen heute noch sehr viele Unternehmen. Aber zurück zur Beumer Group. Die hierarchische Organisationsstruktur hilft uns zukünftig nicht mehr weiter, wir wollen das Silodenken hinter uns lassen. Über eine Matrixorganisation wollen wir uns zu einem in Netzwerken organisierten Unternehmensverbund entwickeln. In einer Netzwerkorganisation kommt es weniger darauf an, in welchem Gruppenunternehmen der einzelne Mitarbeiter in welcher Position angesiedelt ist. Vielmehr steht die Fragestellung im Fokus, welche Themen der einzelne Mitarbeiter mitgestaltet, an welchen Aufgaben er mitarbeitet. In derartigen Unterwww.foerdern-und-heben.de f+h 2020/12 7