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f+h fördern und heben 4/2016

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MATERIALFLUSS Aus einer

MATERIALFLUSS Aus einer Hand Logistikzentrum mit Shuttlelager ermöglicht Produktionsversorgung und Versand Das neue Logistikzentrum der Dehn + Söhne GmbH, Neumarkt, hat seinen Betrieb aufgenommen. Mit der bisher größten Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte in Höhe von rund 35 Millionen Euro hat der Hersteller von Überspannungs-, Blitz- und Arbeitsschutzlösungen die Weichen für die Zukunft gestellt. Zusammen mit der Unitechnik Systems GmbH, Wiehl, als Generalunternehmer ist eine erweiterungsfähige Logistikanlage entstanden. Der zuverlässige Schutz von Gebäuden, elektrischen und elektronischen Anlagen sowie Menschenleben steht im Mittelpunkt der Unternehmensausrichtung von Dehn + Söhne. Mit weltweit ca. 1 600 Mitarbeitern produziert und vertreibt das bereits in vierter Generation geführte Familienunternehmen mit Hauptsitz in Neumarkt in der Oberpfalz Lösungen für den Überspannungs-, Blitz- und Arbeitsschutz. Mit der Inbetriebnahme des neuen Logistik- und Produktionsstandorts in Mühlhausen mit 21 000 m 2 Nutzfläche hat das Unternehmen den Grundstein für weiteres Wachstum und Internationalisierung gelegt. „Die logistischen Kapazitäten am Standort Neumarkt waren nicht ausbaufähig und kapazitiv vollkommen überlastet. Insofern war der Neu- 151 m lang, 141 m breit und bis zu 20 m hoch ist das neue Gebäude, in dem ein automatisiertes Hochregallager für Paletten, ein Shuttlelager für Behälter und Kartons, manuelle Lagerbereiche für Paletten, Langund Gefahrgut sowie Betriebsflächen für den Wareneingang, die Kommissionierung und den Warenversand integriert sind. Darüber hinaus sind in Mühlhausen die Qualitätseingangsprüfung und Teile der Fertigung sowie der Endmontage von Blitzschutzbauteilen untergebracht. Das Lagerspektrum reicht von kleinsten Kunststoffspritzteilen, Dioden, Schrauben und Muttern bis hin zu 7 m langem Stangenmaterial. Fünf Mal täglich beliefert ein Shuttle-Lkw die Produktion in Neumarkt mit Materialien aus dem Lager – zum einen für die klassische Kanban-Versorgung und zum anderen mit auftragsbezogenen Teilen. Auf dem Rückweg bringt der Lkw Fertig- und Halbteile aus der Produktion, die zur Einlagerung oder zum Versand an die nationalen und internationalen Kunden und Tochterunternehmen von Dehn + Söhne bestimmt sind. Im Wareneingang befinden sich sechs Arbeitsplätze für die Vereinnahmung der Wabau der überaus wichtige und notwendige Befreiungsschlag“, betont Gerhard Diepold, Leiter Logistik/Service-Center-Vertrieb bei Dehn +Söhne. Das neue Logistikkonzept sollte Kapazitäten für das geplante Wachstum der nächsten Jahre bieten. Daher beauftragte Dehn + Söhne die Planer von Io Consultants mit der Analyse der bestehenden betrieblichen Prozess- und Wertschöpfungsketten sowie der Konzeption und Masterplanung des neuen Standorts. Als Generalunternehmer übernahm Unitechnik die Auswahl der Unterlieferanten und koordinierte die Gewerke, lieferte die komplette Automatisierung und Steuerung inkl. Lagerverwaltungssystem und führte Elektromontagen und Inbetriebnahmen durch. Verschiedene Lagersysteme unter einem Dach

en sowohl von externen Lieferanten als auch aus der eigenen Produktion. Je nach Vorgabe aus dem Lagerverwaltungssystem Uniware 4.0 wird die Ware anschließend entweder direkt auf Paletten automatisch in das viergassige Hochregallager transportiert, oder sie wird in Kartons, auf Tablaren oder in Behältern verpackt über die Behälterfördertechnik in die Vorzone des Shuttlelagers im Obergeschoss befördert. Im Hochregallager übernehmen Regalbediengeräte vom Typ Mono ESA des Anbieters Dambach Lagersysteme die Paletten und fahren sie schnell und präzise zu einem der mehr als 8 400 Stellplätze. In der Spitze sind bis zu 148 Ein- und Auslagerungen pro Stunde in diesem Lagerbereich möglich. In der Endausbaustufe mit zwei Lastaufnahmemitteln pro Regalbediengerät wird diese Leistung noch auf 200 Doppelspiele pro Stunde erhöht. Direkt mit dem Hochregallager über Fördertechnik verbunden sind fünf Arbeitsplätze im Erdgeschoss, die zur Kommissionierung, für die Auslagerung ganzer Paletten oder Leerpalettenstapel sowie als NiO- oder Sonderkommissionierplatz genutzt werden. Das fünfgassige Shuttlelager ist mit derzeit 15 Fahrzeugen auf 36 Ebenen sowie Platz für ca. 36 000 Behälter das Herzstück des Logistikzentrums. Im Obergeschoss befindet sich auf zwei Ebenen je ein Fördertechnik-Loop. Die zur Einlagerung ins Shuttlelager vorgesehenen Behälter gelangen über einen Steigförderer zum unteren Loop, der die Behälter nach LVS-Vorgabe auf den richtigen Einlagerstich ausschleust. Erweiterungsoptionen inklusive In der ersten Ausbaustufe ist das Shuttlelager auf einen Durchsatz von 500 Behältern pro Stunde ausgelegt. Langfristig ist eine Verdreifachung der Leistung auf 1 500 Behälter pro Stunde geplant. Die Shuttles vom Typ Storebiter 300 OLS von Gebhardt Fördertechnik fahren mit Geschwindigkeiten von 2 m/s und Beschleunigungen von 1,5 m/s 2 durch die 64 m langen Regalgassen. Dabei können sie maximal zwei kleine bzw. einen großen Behälter, Tablare oder auch Kartons verschiedener Höhen mit je 35 kg transportieren. Auch die schnelle Aufund Abnahme des Förderguts aus den Regalfächern trägt zu der hohen Durchsatzleistung des Systems bei. „Wir haben zusammen mit dem involvierten Logistikberatungsunternehmen Io Consultants eine Shuttle-Lösung favorisiert, da wir so die Ein- und Auslagerleistungen schrittweise durch den Einsatz von mehr Fahrzeugen erhöhen können, ohne dass wir einen Ausbau unserer Lagerkapazitäten vornehmen müssen. Außerdem können wir durch die hohen Geschwindigkeiten im Lager die benötigten Teile schnell Ergonomische Pick- und Pack-Arbeitsplätze mit Kugeltisch, integrierter Waage und Touchscreen zur Kommissionierung beziehungsweise zur Auslagerung bereitstellen“, begründet Diepold die Entscheidung. Neben der Anzahl der Shuttles sind für die Systemleistung auch die Anzahl und die Leistung der Aufzüge entscheidend. Das Unternehmen setzt derzeit zwei synchron fahrende Lifte pro Gasse ein, die bis zu sechs Behälter aber auch die Shuttles transportieren können. Während der Fahrt des Liftes gibt das Shuttle die ausgelagerten Behälter ab und nimmt neue auf. In der dritten Ausbaustufe sollen die Lifte entkoppelt werden und jeweils unabhängig voneinander ausschließlich Behälter transportieren, während ein zusätzlich zu installierender Lift dann die Shuttles in den Ebenen versetzt. In der Lagervorzone oberhalb der Stahlbühne werden die Behälter ausgelagert und den sechs Kommissionierplätzen zugeführt (Bild). Auf dieser Ebene wurde bereits Platz für weitere vier Arbeitsplätze berücksichtigt. Je nach Auftragsstruktur kann jeder Arbeitsplatz variabel zur Kommissionierung oder als Pick- und Pack-Arbeitsplatz genutzt werden. Das Shuttlelager dient auch als Pufferlager für fertig kommissionierte Behälter, die z. B. später zu einer Sendung zusammengeführt werden sollen. Über eine weitere Förderstrecke gelangen die fertig kommissionierten Behälter oder die gepackten Pakete ins Erdgeschoss, wo sie im Versand nur noch nach ihrem Ziel vorsortiert werden müssen. SAP-Schnittstelle für sicheren Datenaustausch Parallel zur Inbetriebnahme des neuen Standorts wurde SAP R/3 als Unternehmenssoftware eingeführt – mit Ausnahme im Lager. Hier wollte Dehn + Söhne kein Risiko eingehen und die Hard- und Software aus einer Hand erhalten. „Wir haben uns bewusst für diese Lösung entschieden, da wir damit den Materiafluss, die Visualisierung und die Lagerverwaltung sozusagen aus einem Guss erhalten haben. Die komplette und sicherlich auch komplexe Steuerung des Logistikzentrums liegt damit in einer Hand und wir haben dadurch eine Reihe von aufwändigen Schnittstellen vermieden“, erklärt Diepold. Um die Kommunikation zwischen ERP- System und dem Lagerverwaltungssystem vor der Inbetriebnahme des neuen Logistikstandorts zu testen, hat Unitechnik zusammen mit Dehn + Söhne im Vorfeld mehrere Integrationstests durchgeführt. Denn Uniware 4.0 erhält z. B. Artikelstammdaten, Informationen zu Anlieferungen aus der Produktion wie auch Einlager-, Transport- und Umbuchungsaufträge aus verschiedenen SAP-Modulen. „Die SAP- Schnittstelle ist auf die Ansprüche von Dehn + Söhne entwickelt worden, um das Lager in die SAP-Welt zu integrieren“, erläutert Dirk Panske, Leiter Engineering bei Unitechnik. Parallel zu der Software-Entwicklung haben die IT-Spezialisten von Unitechnik mit einer Emulation der realen Anlage gearbeitet, um die Systeme und Bedienoberflächen virtuell bedienen und damit auch Strategien im Lagerverwaltungssystem testen zu können. Nach der auf Anhieb erfolgreichen Generalprobe und einem Massentest mit Testware in der Anlage, begann das Unternehmen bei laufendem Betrieb mit den ersten Umlagerungen vom alten Standort nach Mühlhausen. Sechs Wochen nach der Generalprobe startete dann die Auslieferung vom neuen Lager sowohl für externe Lieferungen als auch für die Produktionsversorgung. Nach weiteren zwei Wochen war der komplette Umzug ohne Einbußen in der Lieferfähigkeit abgewickelt. Fotos: Unitechnik www.unitechnik.com f+h 4/2016 27