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f+h fördern und heben 5/2016

f+h fördern und heben 5/2016

LOGISTIKMANAGEMENT

LOGISTIKMANAGEMENT Komplexe Logistikprojekte effizient managen Innovative Methoden können klassisches Projektmanagement ergänzen Günther Pawellek, Andreas Schramm Umfassende und vielschichtige Logistikprojekte abzuwickeln ist eine Herausforderung. Nach Erkenntnissen der Technischen Universität Hamburg werden innovative Verfahrensweisen wie das Anforderungs- und Risikomanagement oder Target Costing nur selten angewendet. Dabei ist das Potenzial dieser Lösungsstrategien enorm. Prof. Dr.-Ing. Günther Pawellek ist Universitätsprofessor am Institut für Technische Logistik der Technischen Universität Hamburg (TUHH) Dipl.-Wirtsch.-Ing. Andreas Schramm ist Geschäftsführer der GfU Gesellschaft für Unternehmenslogistik mbH, Hamburg Speziell verflochtene Projektstrukturen und die unüberschaubaren Wechselwirkungen zwischen den zahlreichen Subsystemen und Teilprojekten machen es scheinbar fast unmöglich, ein umfassend angelegtes Logistikprojekt hinsichtlich Kosten und Termine in den Griff zu bekommen. Vermeidet man jedoch schon vor dem eigentlichen Projektstart „Kardinalfehler“, so lassen sich auch komplexe Prozesse und Abläufe auf einen richtigen Weg bringen. Maßgeblich dabei ist es, die Anforderungen an das Projektergebnis von Beginn an im Fokus zu haben. Denn sie beschreiben eindeutig, was der Investor vom Projekt fordert, sind die Basis für die Vergabe von Unteraufträgen an Hersteller, Lieferanten und technische Dienstleister und bilden so zwangsläufig das Fundament für die Abnahme der Projektergebnisse. Werden bereits Fehler in der Anforderungsdefinition (Lastenheft) gemacht, ist das Projekt bereits vor dem Start zum Scheitern verurteilt. Klassische Fehler sind hier fehlende oder missverständliche Ausfüh- rungen, die später mithilfe des Nachforderungsmanagements (Claim-Management) seitens der Lieferanten u. U. ausgenutzt werden und somit die Projektkosten ins Unermessliche treiben können. Anforderungen strukturiert und transparent formulieren Bereits vor dem Projektstart stellt sich die Frage, wie lässt sich sicherstellen, dass alle Projektanforderungen richtig aufgenommen und alle relevanten Personen identifiziert und integriert wurden. Dabei sollen keine Anforderungen vergessen oder gar falsche gestellt werden. Unnötige Zielvorgaben kosten zusätzliches Geld. In jedem Unternehmen gibt es eine irgendwie geartete Art der Aufnahme und Verwaltung von Projektanforderungen. Allerdings sind in den meisten Fällen die entsprechenden Lastenhefte in Fließtexten verfasst. Über Seiten hinweg sind in den Texten Zielvorgaben enthalten, die als solche nicht eindeutig erkennbar sind. Eine 16 f+h 5/2016

Strukturierung dieser Anforderungen ist nur auf Kapitelebene, nicht aber auf der Ebene der Vorgaben selbst gegeben, was die Zuordnung von Kommentaren zu einzelnen Punkten schwierig gestaltet. Aus diesem Grund ist eine Hauptforderung des Anforderungsmanagements bzw. Requirements Engineering (RE) die Indizierung jeder einzelnen Anforderung. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Zeitintensives suchen entfällt. Lieferanten effizient auswählen Mithilfe des Requirements-Engineering-Ansatzes können sich potenzielle Lieferanten nicht mehr mit allgemeinen Phrasen um das Erlangen eines Auftrags bemühen. Sie müssen sich von Anfang an zu jeder Anforderung individuell äußern. In der Konsequenz lassen sich nun die Antworten der potenziellen Subsystem-Lieferanten eindeutig und somit weniger zeitaufwendig kategorisieren und bewerten. Der Einsatz von entsprechenden Datenbanklösungen ermöglicht dabei weitere Zeitersparnisse [1]. Aufgrund dieser Vorgehensweise wird sichergestellt, dass vor allem bei räumlich verteilten Projektteams alle Projektmitglieder auf den gleichen Stand der Projektbeschreibung zugreifen können. Ohne unnötigen Zeitverlust kann mit der eigentlich wichtigen Arbeit, der inhaltlichen Bewertung der verschiedenen Antworten der Lieferanten und der Weiterentwicklung der Spezifikationen begonnen werden. Tagelange Sortier- und Zuordnungsarbeiten entfallen. Aus den Projektanforderungen lassen sich nun ohne großen Aufwand Aktivitäten ableiten und zu Teilprojekten zusammenfassen. Durch eine Zuordnung (Verlinkung) der Aktivitäten ist es problemlos möglich zu ermitteln, ob jeder Projektanforderung eine entsprechende Aktivität zugeordnet ist (Vollständigkeitsprüfung) und jede Aktivität auch aus einer Kundenforderung korrekt abgeleitet wurde (Richtigkeitsprüfung). Bei komplexen Projekten wird dieses sehr unübersichtlich und sollte daher durch DV-Tools unterstützt werden (Bild 01). Zeitersparnis durch gesicherte Abnahme Das Projektmanagement ist in der Pflicht, das realisierte Logistikprojekt auf „Herz und Nieren“ hin zu überprüfen. Nicht oder nur unvollständig erfüllte Anforderungen können genauso auftreten wie ungewünschte Abweichungen vom Sollmaß. Ist der Projektleiter nicht in der Lage, diese Mängel schnell und treffsicher zu identifizieren, hat eine spätere Identifizierung mitunter schwerwiegende negative Auswirkungen. So können z. B. Garantieansprüche reduziert oder erloschen sein und/oder es kommt zu erhöhten Kosten beim Auftreten der Mängel im Gesamtsystem. Stichwort: Stillstandzeiten. Bei nicht erfüllten Anforderungen lässt sich eindeutig darstellen, wo die Mängel aufgetreten sind. Auch ein klares Kommitment der Lieferanten zu diesen Anforderungen ist transparent und problemlos nachweisbar. Sind alle Anforderungen getestet und für erfüllt erklärt, kann das Projektergebnis abgenommen werden. Spätestens hier zeigt sich, wie wichtig ein vollständiger, richtiger Satz von Anforderungen ist. Die lösungsneutrale Formulierung von Anforderungen und deren Attribute ermöglicht ebenfalls eine effizientere Durchführung von Folgeprojekten z. B. bei Herstellern komplexer Kran- 01 Zentrale Datenbanken unterstützen ein effizientes Lieferantenmanagement