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f+h fördern und heben 6/2015

f+h fördern und heben 6/2015

Geschäftsprozesse

Geschäftsprozesse vereinfacht Produktkonfigurator ermöglicht schnelle und flexible Angebotserstellung Um den Aufwand und die Fehleranfälligkeit bei den Vertriebsprozessen zu minimieren, setzt ein Flurförderzeughersteller auf den Einsatz eines Produktkonfigurators. Die grundsätzliche Anforderung an die Softwarelösung bestand darin, dass das System sowohl online als auch offline verfügbar ist. Toyota Material Handling Deutschland (TMHD) mit Hauptsitz in Isernhagen verfügt über ein eng geflochtenes Vertriebsnetzwerk. Das Produktspektrum des Flurförderzeugherstellers umfasst dabei unterschiedliche Geräte – vom Handhubwagen über Schlepper und Gabelstapler bis hin zur Lagersystemlösung. Im Jahr 2011 reifte beim Unternehmen die Überlegung − zunächst im Rahmen der reinen Angebotserstellung − für die mitunter variantenreichen Produkttypen einen Produktkonfigurator einzuführen. Stephan Kaufmann, Projektverantwortlicher bei TMHD, und Günter Simonis, Leiter Key Account und Mitglied der Geschäftsleitung, formulierten dabei die Ziele wie folgt: n Nutzung eines Toyota-Produktkonfigurators, um einfach und schnell Angebote generieren zu können – einschließlich einer Prüfung auf Machbarkeit, n höhere Zeitersparnis mit einer damit verbundenen Produktivitätssteigerung bei den Vertriebsmitarbeitern sowie n substantielle Entlastung des Vertriebsinnendiensts und n mindestens 75 Prozent aller abgelieferten Angebote sollten mit diesem Konfigurator entstehen. Als wichtig erachteten die Entscheidungsträger, dass die Modellierung und Darstellung der Flurförderzeuge flexibel, im eigenen Hause und ohne fremde Hilfe möglich ist. Dies betrifft nicht nur das Einpflegen von technischen Änderungen oder Preiserhöhungen, sondern auch die Aufnahme neuer Gerätetypen. Benutzerfreundlich konfigurieren Zur Realisierung des anvisierten Konfigurationsprojekts holte sich Toyota die Orisa Software GmbH aus Jena mit an Bord. Zum Portfolio des Softwarehauses gehören Konfigurationslösungen auf Basis von SAP- Produkten oder des eigenen Produktkonfigurators Crealis sowie Individuallösungen. Aus den Erfahrungen unterschiedlicher Konfigurationsprojekte kristallisierte sich der Orisa-Konfigurator als der geeignete Lösungsansatz heraus. Crealis enthält die wissensbasierten Softwarewerkzeuge für das Management der Produktdaten und den Konfigurator zur Konfiguration variantenreicher Produkte. Das Produktdatenmanagement dient zur Beschreibung aller Komponenten sowie Module einer Produktfamilie und deren Verwaltung in einer Datenbank. Dabei werden Informationen aus Konstruktion, Fertigung und Vertrieb sowohl konfigurations- als auch prozessorientiert, entsprechend der zu konfigurierenden Komponenten, zusammengeführt. In diesem Rahmen werden die Optionen, Abhängigkeiten und Regeln zur Modellierung sowie für den Konfigurationsprozess einzelner Produkte formuliert. Eine standardisierte Ein gabe struktur bietet dem Betreiber dabei eine komfortable Bedienbarkeit, ohne mit Programmierarbeiten konfrontiert zu sein. Der Konfigurator selbst bildet die Softwarebasis, in der das Konfigurationswissen dem Anwender zur Verfügung steht. Durch seine Anfragen an das System wird der Nutzer während des Konfigurationsvorgangs schrittweise geführt. Testphase erfolgreich absolviert Der Entscheidung zur Einführung des Konfigurators im Dezember 2011 schloss sich eine zweitägige Schulung der im Hause Toyota involvierten Mitarbeiter an. Darauf folgte ein gemeinsames Pilotprojekt, um erste praktische Erfahrungen bei der Modellierung eines weniger komplexen 34 f+h 6/2015

SOFTWARE Produkts zu sammeln. „Angefangen haben wir mit unserem Handhubwagen. Eine erste Überprüfung, ob ein Außendienstmitarbeiter diesen Gerätetyp konfigurieren kann und er den gewünschten Output wie technische Spezifikation, Abbildung und Konditionen erhält, schloss sich an“, berichtet Kaufmann. Das Ergebnis habe den Anforderungen entsprochen, sodass die Aufnahme aller weiteren Produkte folgen konnte. Ein wichtiger Aspekt war, diese Konfigurationsprozesse bzw. -ergebnisse auf „Herz und Nieren“ zu überprüfen. Zu diesem Zweck bildete man ein Team aus zwölf Außendienstmitarbeitern, das Verkäufer aus dem Direktvertrieb und dem Key Account umfasste. Es wurden Angebote verschiedener Modelle in unterschiedlichen Ausführungen konfiguriert. Die Fragestellungen dabei lauteten: Sind die entstehenden Angebote verwendbar? Kann die Performance die manuelle Erstellung von Angeboten ablösen? Gestalten sich Prozesse stabil oder kommt es zu Systembrüchen? Das Ergebnis war positiv, was dazu führte, auch die weiteren Modelle aus der Angebotspalette in den Konfigurator einzupflegen. Konzept erweitert Mit Abschluss der Modellierungsarbeiten ließen sich bereits 75 Prozent des Tagesgeschäfts mit einer nunmehr schnellen sowie fehlerfreien Angebotserstellung IT-gestützt abwickeln. Doch auch andere Aufgaben, u. a. aus dem Bereich Business Solutions wie Service, Finanzierung und Leasing, sollten in die Gesamtlösung integriert werden. Dies vor dem Hintergrund, dass die Kunden ein Komplettangebot für Gerät, Service und Finanzierung erwarten. Hinzu kommt, dass Toyota mit der Finanzierung im Aftersales- Bereich auch ein weiteres Geschäftspotenzial in den kommenden Jahren plant. Um diesem Anliegen zu entsprechen, galt es für den Softwareentwickler, die mit Crealis zur Verfügung stehende Standardfunktionalität zu erweitern. Dementsprechend wurde ab Mitte 2012 die Lösung auf Basis einer detaillierten Spezifikation ergänzt. Im August desselben Jahres ließ sich ein Zwischenergebnis präsentieren: Es standen 800 Kalkulationen komplett im Konfigurator zur Verfügung. Nachdem die Systemperformance auch bei größeren Kalkulationen konstant war – verbunden mit den Systemerweiterungen aus dem Bereich Business Solutions – ließen sich auch Großprojekte aus dem Bereich Key Account darstellen. Die Fehlerquote bei Angeboten ebenso bei Aufträgen aus dem Bereich Direktvertrieb und Key Account ging zurück, die Rückfragen und Bearbeitungszeit bei der späteren Auftragsabwicklung sanken. Dieser Effekt war ausschlaggebend, auch eine händlerspezifische Lösung anzustreben. Bilanz nach dem Roll-Out: zeitliche Ersparnis 88 Prozent Seit April 2013 arbeitet der Vertrieb vollständig mit dem Konfigurator. Die Kunden erreicht nun in kurzer Zeit ein fehlerfreies Angebot. So wird z. B. bei der Erstellung eines Angebots für mehrere Geräte einschließlich deren Finanzierung eine zeit liche Ersparnis von rd. 88 Prozent erzielt. Am Ende der Projektphase, kurz vor dem Go-Live-Termin im April, hat die Projektleitung von Toyota ihren Händlern den Konfigurator vorgestellt. Das Roll-Out folgte Anfang 2014. Das Projektteam stand dabei vor der Herausforderung, alle Händler „unter einen Hut zu bringen“. Zwar gelang die programmtechnische Umsetzung in eine händlerspezifische Konfiguratorlösung innerhalb weniger Monate, es mussten jedoch auch die unterschiedlichen Anforderungen an den Konfigurator sowie die IT-Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt werden. So arbeiten z. B. die Händler nicht mit dem Toyota-Rabattierungssystem, sondern mit einer Aufschlagskalkulation, worin sich auch ihre Eigenständigkeit widerspiegelt. Insofern existieren auch diesbezüglich leichte Unterschiede zwischen dem Händlersystem und dem Toyotaeigenen System. Generell bedienen sich beide Konfiguratorversionen gleicher Modelldaten und Grundpreise der Geräte. Mehr als 90 Prozent der Angebote abgedeckt Derzeit sind 295 Modelle in dem Produktkonfigurator des Flurförderzeugherstellers eingepflegt, die zur Preisfindung von Gebrauchtmaschinen dienen. Etwa 240 Modellvarianten lassen sich mit dem Konfigurator auswählen und in einer der Toyota- Produktionsstätten ordern. Kaufmann pflegt mit zwei Kollegen täglich den Datenbestand der Software. Es gilt, u. a. Daten für neue Batterien, Änderungen in Bezug auf Preise oder Optionen aufzunehmen. Ferner werden auch Daten aus der Kundendatenbank in den Konfigurator importiert. Der einzige Datenexport aus dem Konfigurator ist der an die Händler, da die erstellten Angebote in einer Händler-CRM-Datenbank geführt werden. Mittlerweile stehen dem Produktkonfigurator ca. 18 000 Datensätze zur Verfügung. Bestand das ursprüngliche Ziel darin, 75 Prozent der Angebotserstellung mit der Software zu realisieren, werden heute mit der zusätzlichen Abbildung des Bereichs Business Solution im System mehr als 90 Prozent erreicht. „Wir sind die erste Vertriebsniederlassung von Toyota Material Handling Europe, die einen solchen Konfigurator einsetzt und daher eine gewisse Vorreiterrolle einnimmt“, so Kaufmann. „Wir haben unsere Ziele erreicht. Mithilfe des Produktkonfigurators lassen sich alle Geschäfts- und Aufgabenbereiche wie Langzeitmiete, Inzahlungnahme gebrauchter Geräte, Bonitätsprüfung und Rabattierung sowohl in einer Online- als auch in einer Offline-Version realisieren.“ Fotos: Orisa, Fotolia/Bearbeitung: VFV Grafik www.orisa.de