Aufrufe
vor 7 Jahren

f+h fördern und heben 6/2016

f+h fördern und heben 6/2016

KRANE UND HEBEZEUGE

KRANE UND HEBEZEUGE FORSCHUNG ANWENDUNG ENTWICKLUNG Der Kran im Fokus von Wissenschaft und Praxis Internationale Fachtagung zeigt das breite Anwendungsspektrum aktueller Krantechnologien Dieter Wehner „Der Kran – Forschung, Entwicklung und Anwendung“ so lautete das Thema der 24. Auflage der internationalen Kran-Fachtagungsreihe, die Anfang März turnusgemäß an der Ruhr-Universität in Bochum stattfand. Mehr als 160 Teilnehmer nutzten neben dem vielfältigen Vortragsangebot vor allem die Gelegenheit zum intensiven Fachdialog. Dr.-Ing. Dieter Wehner ist Kransachverständiger, Langenhagen Am Vorabend der eigentlichen Fachtagung stand mit der Besichtigung der Veltins-Arena, Gelsenkirchen (Bild 01) traditionsgemäß die Praxis im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die Technologie zum Öffnen des Hallendaches der Fußballarena respektive der Transport der Rasenfläche des Spielfelds ins Freie weckten, wegen der Vergleichbarkeit mit Kranfahrwerken, das Interesse der Kranexperten. Ein weiteres Praxisbeispiel war die baukonstruktive Erweite- rung der großen Haram-Moschee (Bild 02) in Mekka, Saudi-Arabien. Zur Entlüftung ließ man das Gebäude um zwölf verschiebbare Dachsegmente und eine achteckige Kuppelkonstruktion ergänzen, die im Brandfall auch als Entrauchungsöffnung dienen sollen. Der Referent Dr.-Ing. Thomas Beck von der Kinkele GmbH & Co. KG erläuterte die schwierigen Betriebsbedingungen, wie Wartungsfreiheit und ständige Betriebsbereitschaft bei ungünstigsten Klimaverhältnissen. Die Zusammenarbeit mit Firmen und Partnern anderer Kulturkreise und das Fehlen einschlägiger Vorschriften und Normen gehörten zu den Problemstellungen, die vom Projektmanagement gelöst werden mussten. Windkraftanlagen effizient montieren Nach den beeindruckenden Impressionen aus der praktischen Anwendung von Kran- 34 f+h 6/2016

KRANE UND HEBEZEUGE technologien startete am folgenden Tag das umfangreiche Vortragsprogramm. Dabei stand das Thema „Der Einsatz von Turmdrehkranen zur Montage von Windkraftanlagen“ im Mittelpunkt der Betrachtung. Eine neue Variante dazu stellte Peter Guttenberger vom Unternehmen Max Bögl, Neumarkt i. d. Oberpfalz vor: Um auch im Binnenland leistungsfähige Windräder effizient einsetzen zu können, müssen diese Nabenhöhen von 140 m und mehr aufweisen. Die dafür erforderlichen Türme werden von Max Bögl in Hybridbauweise hergestellt, wobei der untere Teil des jeweiligen Turms aus vorgespannten Betonringen und der obere Teil aus einem oder mehreren miteinander verschraubten zylindrischen Stahlrohren besteht. Für die Montage kamen bisher i. d. R. verschiedene Mobil- und Raupenkrantypen zum Einsatz. Nun setzt das Unternehmen auf eine neue Methode, bei der direkt neben dem „Hybridturm“ für alle Montagearbeiten ein Turmdrehkran aufgestellt, an diesem Turm horizontal verankert und entsprechend dem Baufortschritt aufgestockt wird. Der Aufwand für den Kranstandort sowie für den Transport des Krans und seine Montage fällt dabei geringer aus, als bei der Verwendung von Mobil- und Raupenkranen, vor allem bei Standorten der Windkraftanlagen im Wald oder in unwegsamem Gelände werden die genannten Vorteile wirksam. Aufgrund der geringeren Windanfälligkeit des Turmdrehkrans im Vergleich zu Mobil- oder Raupenkrane, verringert sich auch die Kranausfallzeit durch Wind. Wie sich die Merkmale von Mobil- und Turmdrehkran in einem System vereinen lassen, zeigte der neue Mobilkran MK 140 von Liebherr. Der Fahrzeugkran kann sowohl im Katzausleger- als auch im Verstellauslegerbetrieb arbeiten und bei einer Transportlänge von weniger als 16 m, Hubhöhen bis 94 m und Ausladungen bis 65 m erreichen. Windensysteme für Faserseile untersucht Nachdem Prof. Dr.-Ing. Markus Michael von der TU Chemnitz in der Vergangenheit schon über die Entwicklung von hochfesten textilen Faserseilen sowie deren Wickelverhalten und Eigenschaften berichtet hatte, befasste sich sein diesjähriger Vortrag mit der Entwicklung von Seilwinden für solche Seile. Aufgrund der u. a. geringeren Querstabilität der Seile können genannte Winden nur als Traktionswinden ausgeführt werden, bei denen ein lastfreies mehrlagiges Spulen und so eine kompakte Bauweise mit geringem Eigengewicht möglich sind. Dadurch werden die Merkmale der Faserseile in einem speziellen Windensystem mit einem entsprechendem Steuerungskonzept verbunden, was sich bereits im praktischen Einsatz im Offshore- und Windkraftanlagenbereich bestätigen und erproben ließ. Über die Möglichkeiten der rechnerischen Dimensionierung von Seilrollen aus Kunststoff und den Vergleich der Ergebnisse mit entsprechenden Versuchen berichtete Andreas Weidenfeld (Bild 03), Licharz GmbH Buchholz. Seilrollen aus Guss-Polyamid lassen sich auf Grundlage der Ergebnisse dieser Untersuchungen auch bei Schrägzug oder hohen Temperaturen dimensionieren und betriebssicher einsetzen. Produktentwicklung effektiver gestalten Die Möglichkeiten zur Reduzierung körperlicher Belastungen von Kranfahrern bei der täglichen Arbeit waren Thema im Vortrag von Thomas Kießig, IFF Engineering & Consulting GmbH Leipzig. Kießing berichtete über den Umbau der Kabinenaufhängung eines Gießkrans zur Verringerung horizontaler Schwingungen der Kranführerkabine. Neben dem Umbau der eigentlichen Aufhängung der Kabine wurden noch semiaktive Dämpfer eingebaut, sodass sich eine effektive ergonomische Verbesserung für den Kranfahrer erreichen ließ. Mehr Effektivität und neue Ansätze benötige auch die Produktentwicklung auf dem Kransektor, so Dr. Christoph Göttlicher, Terex Cranes Germany GmbH in seinem Vortrag über steigende Kundenanforderungen im Kranbetrieb. Durch eine geeignete Projektorganisation unter Einbeziehung der maßgebenden Bereiche und richtigen Mitarbeiter konnten bei der Bearbeitung technischer Sonderausführungen Kostensenkungen und Verkürzungen der Entwick- 01 Das horizontale Bewegen der Hallendachkonstruktion der Veltins-Arena geschieht über eine Technologie, die einem Kranfahrwerk sehr ähnlich ist 02 Die verschiebbaren Dachsegmente zur Entlüftung der Harem-Moschee basieren auf Krantechnologie f+h 6/2016 35