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f+h fördern und heben 7-8/2018

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f+h fördern und heben 7-8/2018

PRODUKTE UND SYSTEME ?

PRODUKTE UND SYSTEME ? AKL VERSUS SHUTTLELAGER? „Omni-Channel“, „Losgröße 1“ und „Same-Day-Delivery“ – eben noch neue Anforderungen an die innerbetriebliche Logistik, gehören diese jetzt zum Standard. Damit verbunden ist die Frage nach stetig mehr Leistung und Kapazität und vor allem nach dem Thema: Automatisierung. Um diese Frage zu beantworten, stehen dem Betreiber unter anderem die Alternativen AKL und Shuttlelager zur Auswahl. Lesen Sie hier einen Vergleich beider Systeme von Christian Berndt, Senior Berater bei der Pierau Unternehmensberatung GmbH in Hamburg. Wagt man einen Blick in die Zukunft, so lässt sich vermuten, dass die Kommissionierverfahren „Ware zum Mann“ mit dynamischer Artikelbereitstellung die bisherigen statischen „Mann zur Ware“-Systeme ablösen werden. Dynamisch bedingt dabei schnell, sequenziert und ohne Zeitverzug, woraus sich die Leistungsanforderungen an das eingesetzte Lagersystem ergeben. Bewährt haben sich in den vergangenen Jahren Automatiklager wie Automatische Kleinteilelager (AKL) und Shuttlesysteme. Diskussionen, inwieweit die neuere Entwicklung Shuttlelager das mithilfe eines Regalförderzeugs bediente AKL ablösen wird, sind mittlerweile größtenteils der Erkenntnis gewichen, dass beide Systeme unabhängig voneinander ihre Existenzberechtigung haben. Soll bei frei dimensionierbarer Grundfläche und Höhe das System rein hinsichtlich der Lagerkapazität geplant werden, wird die Entscheidung oftmals „AKL“ lauten. Zwar wird die Lagerplatzanzahl durch die oberen und unteren Anfahrtsmaße des Regalbediengeräts beim AKL eingeschränkt – im Gegenzug werden beim Shuttlelager dafür jedoch über die komplette Regalhöhe Wartungsebenen benötigt. Als Richtwert kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Lagerguthöhe von ca. 400 mm hinsichtlich der reinen Lagerkapazität jedes per Regalförderzeug betriebene AKL mit mehr als 14 m Regalhöhe dem Shuttlelager überlegen ist. DIE GRENZEN DES AKL Bei einem AKL mit vier Gassen mit je einem Regalbediengerät mit zwei Lastaufnahmemitteln und einer doppelttiefen Lagerung lässt sich bei einer Gassenlänge von ca. 80 m, einer Regalhöhe von ca. 15 m und einem hohen Lagerfüllgrad von einem Richtwert von ca. 4 × 100 Ein- und Auslagerungen pro Stunde ausgehen. Ein 40-Fuß- Container im Wareneingang mit ca. 700 Kartons würde ein solches AKL zwei Stunden mit der Einlagerung auslasten. Die Ware ließe sich zwar im Wareneingang zwischenpuffern, wenn die Einlagerleistung des Systems nicht ausreichen würde – dies zu entscheiden ist aber eine Frage der Schnelligkeit der Artikelverfügbarkeit. Um die benötigte Leistung des Lagersystems zu bestimmen, ist die Betrachtung der Warenströme und Prozesse in ihrer Gesamtheit unerlässlich. Über die Anzahl der Gassen lässt sich die Leistung eines AKL skalieren. Jedoch ist diese Investition nur sinnvoll, wenn parallel auch die Lagerkapazität erhöht werden soll. Ist die vorhandene Lagerkapazität ausreichend bzw. steht nicht mehr Fläche zur Verfügung, ließe sich die Anzahl an Lastaufnahmemittel je Regalbediengerät erhöhen oder zwei Regalbediengeräte pro Gasse einsetzen. Wird jedoch kurz- oder langfristig eine noch höhere Lagerleistung be nötigt, ist es ratsam über den Einsatz eines Shuttlelagers nachzudenken. 22 f+h 2018/07-08 www.foerdern-und-heben.de

PRODUKTE UND SYSTEME 01 Leistungsbedarf automatisches Lager Gesamtsystem 2.000 Orderlines/Stunde • 60 Teile/Karton • 3.372 Teile/Stunde 683 Kartons/Stunde 53 TE/Stunde 30 TE/Stunde 30 TE/Stunde Wareneingang Retourenbearbeitung QS & VAS* Kommissionierung 700 Kartons/Stunde Artikel mit niedriger Ansprache ( 28 Leerkartons/Stunde) 672 Kartons/Stunde 3 Kartons/Stunde Artikel mit Sonderbearbeitung ( 3 Leerkartons/Stunde) 79 Kartons/Stunde 246 TE/Stunde 123 TE/Stunde Artikel mit hoher Ansprache ( 79 Leerkartons/Stunde) Warenausgang (WA) WA-Puffer Leistungsbedarf automatisches Lager 1.624 Einlagerungen/Stunde • 1.061 Auslagerungen/Stunde Vollautomatische Lager sind ein Baustein in der Gesamtlogistik. Bei der Berechnung des Leistungsbedarfs von Shuttlelager oder AKL mit Regalbediengerät müssen alle Ein- und Auslagerungen berücksichtigt werden. * Qualitätssicherung & Value Added Service ARTEN DES SHUTTLELAGERS Shuttles sind voneinander unabhängig fahrbare Regalförderzeuge, die sich entlang eines am Regal angebrachten Schienensystems bewegen. Die Zu- und Abführung des Lagerguts in die Regalebenen findet i. d. R. über Lifte statt. Bei der Captive-Variante verlassen die Fahrzeuge „ihre“ Gasse oder Ebene nicht. Am gängigsten sind Captive-Shuttlelager, in denen Shuttles in jeder Lagerebene und jeder Gasse eingesetzt sind. Es gibt jedoch auch Captive-Shuttlelager, in denen die Fahrzeuge mehrere direkt benachbarte Lagerebenen bedienen können. Captive-Shuttlelager sind bislang unschlagbar in ihrer Leistung, erfordern aber auch die höchsten Investitionen. Sie müssen von Anfang an voll ausgestattet werden, was die nachträgliche Leistungserhöhung einschränkt. In gleichbleibender Lagergeometrie lassen sich die Vertikaltransporte steigern (zusätzliche Liftsysteme) oder als Gesamtsystemleistung die Vorzone entsprechend vervielfachen. Bei Roaming-Shuttlelagern ist nicht jeder Lagerplatz ohne Versetzen der Fahrzeuge in andere Gassen oder Ebenen erreichbar. Vertikales Roaming bedeutet, dass die Shuttles über ein Lift-System die Regalebenen wechseln; beim horizontalen Roaming ist i. d. R. in der Vorzone ein Schienensystem zum Querverfahren installiert. Das 3D-Roaming kombiniert beide Bewegungsmöglichkeiten. Bei den Roaming-Systemen lässt sich die Leistung des Lagersystems erhöhen, indem die leistungsbeschränkenden Elemente nachgerüstet, weitere Shuttles (bei vertikalem und 3D-Roaming) oder weitere Liftsysteme (bei horizontalem und 3D-Roaming) eingesetzt werden. Ein AKL benötigt über die komplette Gassenlänge eine einheitliche Höhe – der niedrigste Punkt gibt die Regalhöhe vor. Benachbarte Gassen können zwar in Höhe und Länge abweichen, müssen aber „auf einer Flucht“ liegen. Shuttlelager hingegen können die Dimensionen eines vorhandenen Gebäudes flexibler nutzen. Prinzipiell können die Lagerebenen einer Gasse aufgrund von Abweichungen in der Höhe unterschiedlich lang sein. Bei Roaming-Systemen können selbst zerklüftete Gebäudegeometrien durch die Beweglichkeit der Shuttles über Gassenverbindungen oder Liftsysteme genutzt werden. Lagerflächen, die bei ihrem Bau in den 60er- oder 70er-Jahren auf manuelle Bedienung ausgelegt wurden, lassen sich mithilfe von Shuttlesystemen heute auch bei einer Lagerhöhe von vier Meter automatisiert betreiben. Ein AKL wäre hier nicht empfehlenswert, da aufgrund der unteren und oberen Anfahrmaße des Regalbediengeräts kaum Lagerkapazität realisiert werden könnte. GESCHWINDIGKEIT NACH BEDARF Alleinstellungsmerkmal der Shuttlelager ist ihre Lagerleistung. Ein Captive-System mit einer Doppel-Vorzone und zwei Liftsystemen www.foerdern-und-heben.de f+h 2018/07-08 23