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f+h fördern und heben 10/2021

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f+h fördern und heben 10/2021

F+H NACHGEFRAGT

F+H NACHGEFRAGT Second-Count nicht so hoch ist wie bei einem großen Lager. Dazu kommt der Aspekt, dass das System nicht nur in einem Lager verbleiben muss, sondern flexibel an mehreren Lagerstandorten eines Unternehmens zum Einsatz kommen kann. Einen derartigen Anwendungsfall haben wir unlängst für ein Unternehmen mit fünf Lagerstandorten in Tschechien kalkuliert. In Tschechien sind die Lohnkosten gegenüber zum Beispiel Deutschland vergleichsweise niedrig, also für unsere Applikation ein eher ungünstiger Sachverhalt. Das Lager, in dem wir das System vorgestellt haben, verfügt über 12 000 Palettenstellplätze. Das für den Betreiber ausgelegte System erfasst auf einer Höhe von etwa drei Metern einseitig die Regalreihe. Dieses Lager für sich betrachtet, würde den ROI in etwa fünf Jahren erreichen. Wenn wir aber berücksichtigen, dass der Betreiber das System an fünf Lagerstandorten nutzt, ergibt sich ein anderes Bild: Der Return on Investment liegt dann bei einem Jahr. Das Unternehmen benötigt pro Lager etwa eine Schicht für die Erfassung. Einzukalkulieren sind des Weiteren etwa vier Stunden, um das System am jeweiligen Standort einsatzbereit zu machen. Zu den damit verbundenen Aufgaben gehören die Justierung und gegebenenfalls die Reinigung der Linsen. Die von mir genannte Zeitspanne schließt das Versandfertigmachen des Systems nach getaner Arbeit ein. In die Betrachtung Eingang finden muss noch der Transport zwischen den Lagerstandorten. Alles in allem können wir inklusive großzügigem Zeitpuffer alle fünf Lagerstandorte innerhalb der vorgegebenen 14-tägigen Periode einer Inventur unterziehen. Sie sehen, eine Antwort auf Ihre Frage ist nicht einfach zu geben, da vielfältige Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind. Prinzipiell kann ich aber basierend auf den Erkenntnissen der realisierten Projekte sagen, dass sich die „Full Pallet Inventory“-Lösung bereits ab einer Größenordnung von 10 000 Stellplätzen rechnet. Welche Anforderungen stellt das Tool Full Pallet Inventory an die Qualität der zu erfassenden Paletten-Etiketten? Markus Scholten: Hier sprechen Sie eine der generellen Herausforderungen von Automatisierungsprojekten an. Immer dort, wo ein manueller Prozess gegen einen automatisierten Prozess ersetzt werden soll, ist es erforderlich, sich zunächst über die Einsatzbedingungen eines Systems oder einer Lösung im Klaren zu sein. Es handelt sich bei Full Pallet Inventory um ein optisches System, das nur vom Staplerfahrer begleitet wird. Alle Elemente, die verdeckt sind, zum Beispiel durch Folie, können nicht durch die Kameras erfasst werden. Mit Reflexionen haben wir nur geringe Probleme, da wir die Barcodes während des Vorbeifahrens mehrfach erfassen. Dabei erwischen wir immer einen Punkt, an dem keine störenden Reflexionen auftreten. Als Knackpunkte bleiben also verdeckte oder beschädigte Etiketten. Ein Mitarbeiter würde an dieser Stelle das Etikett glattziehen, das verdeckende Element entfernen oder im schlimmsten Fall das beschädigte Etikett nachdrucken. Um diese Probleme zu lösen, haben wir uns unterschiedliche Vorgehensweisen überlegt: So erhält der Staplerfahrer zum Beispiel über sein Staplerterminal in Echtzeit Informationen über den Erfassungsprozess. In unseren Augen soll der Staplerfahrer sich aber auf das Fahren konzentrieren können, weshalb wir immer anregen, ein Korrekturteam bereitzustellen, das über eventuelle Abweichungen oder nicht erfasste Elemente ebenfalls in Echtzeit informiert wird. So können die automatische Inventur und ein manuelles Nacharbeiten parallel stattfinden. Außerdem werden die erzeugten Bildaufnahmen gespeichert. Dabei werden Aufnahmen, bei denen Abweichungen zur Systemvorgabe ermittelt worden sind, priorisiert ausgegeben, sodass die Nachbearbeitung oder ein Second-Count auch im Back Office geschehen kann. Da die Bilder hochauflösend und mit Zeitstempel versehen sind, können Etiketten teilweise direkt vom Monitor gescannt werden. Aufgrund des Zeitstempels erfüllen wir damit auch die Nachweispflicht, sogar zu einem höheren Grad als es bei der manuellen Inventur je möglich wäre. Ein konkretes Beispiel: Stellen wir uns eine 70 Meter lange Regalgasse mit ungefähr 80 Palettenstellplätzen nebeneinander vor. Wie lange benötigen wir, um mit Full Pallet Inventory die Ladungsträger in beiden Regalzeilen von der ersten bis zur achten Ebene zu erfassen? Das Tool Full Pallet Inventory ermöglicht die Zählung von Beständen auf Paletten durch Bildverarbeitung Markus Scholten: Das von Ihnen skizzierte Beispiel passt gut zu einem Test, den wir kürzlich bei einem unserer Kunden durchgeführt haben. Bei diesem Test waren es in einer 70 Meter langen Gasse 82 Lagerplätze je Ebene und acht Ebenen. Generell ist relevant, ob es sich bei den zu erfassenden Etiketten um 1Doder 2D-Codes handelt. Der 2D-Code ist robuster und kann somit auch bei höherer Geschwindigkeit erfasst werden. Kurzum, für die Strecke vom Anfang der Gasse bis zum Ende haben wir bei Einsatz von 1D-Codes etwa drei Minuten gebraucht. Für dieselbe Strecke brauchten wir weniger als eine Minute beim Einsatz von 2D-Codes. Nun muss die Systemauslegung berücksichtigt werden und auch die Dauer, die Ebenen entsprechend anzufahren. Wir können unser System hardwareseitig so konfigurieren, dass wir zwei Lagerplätze übereinander zu beiden Seiten auf einmal erfassen können. Das würde im optimalen Fall, also die Erfassung von 2D-Codes bei maximaler Hardwarekonfiguration, eine Dauer von drei Minuten ergeben. Hinzu kommt noch die Zeit, die der Staplerfahrer zum Hoch- und Runterfahren des Hubmasts benötigt, bevor er die nächste Ebene erfassen kann. Nehmen wir dafür großzügig eine Minute an, so kämen wir auf vier Minuten pro Gasse. Das ist natürlich die Idealbedingung. Betrachten wir also den realistischen Fall, denn die wenigsten Lager würden ad 8 f+h 2021/10 www.foerdern-und-heben.de

PERSPEKTIVEN hoc von wahrscheinlich genutzten 1D- auf 2D-Codes umstellen. Außerdem betrachten wir den Fall, dass das System nur eine Seite erfasst über die Höhe von zwei Stellplätzen übereinander. Dann kommen wir auf sechs Fahrten, drei je Seite à drei Minuten zuzüglich zwei Minuten Positionieraufwand ergibt eine Zeitdauer von 20 Minuten. Welche Datenmengen fallen bei dem zuvor genannten Beispiel an und wie werden diese an das WMS übertragen? Markus Scholten: Das können wir flexibel gestalten und es kommt darauf an, welche Informationen der Betreiber übermittelt bekommen möchte. Im einfachsten Fall senden wir jeweils die Lagerplatz-ID mit entsprechender Paletten-ID. Da wir aber mehr als den reinen Serial Shipping Container Code auf der Palette erfassen, können wir dem Betreiber auch direkt gefilterte Datenbezeichner senden, wie MHD, Artikelnummer oder Verpackungseinheit – und das zu jeder Palette je Lagerplatz, selbst bei Doppelstockpaletten. Der Weg der Datenübertragung lässt sich ebenso frei definieren. Standardmäßig bieten wir einen Web-Service, was aber nicht zwingend erforderlich ist. Wir nutzen auch SAP-Standards wie iDocs oder auch proprietäre Protokolle der Betreiber. Darüber hinaus bieten wir die Möglichkeit, Daten per csv oder im Excel-Format zu exportieren beziehungsweise Responsen vom WMS zu importieren. Das ist zwar nicht mehr zeitgemäß, bietet aber Vorteile, wenn Schnittstellen WMS-seitig nicht vorhanden sind. Die Datenmengen sind, egal bei welcher Übermittlungsart, immer gering. Die Übertragung findet in wenigen hundert Millisekunden statt, es sei denn, Bilddaten sollen ebenfalls an das WMS übermittelt werden. Allerdings ist dies nur in den wenigsten Fällen sinnvoll, da die Bilder ohnehin in unserem System vorhanden sind, sich für einen frei definierbaren Zeitraum abspeichern lassen und direkt mit der entsprechenden Lesung, Zeitstempel und verknüpften Daten per Webbrowser aufgerufen werden können. Was können wir von der Logistics-Execution-Lösung Zetes Medea über die Ergänzung um das Tool Full Pallet Inventory in naher Zukunft noch erwarten? Markus Scholten: Es werden immer wieder verschiedene Themen diskutiert und ich würde ihnen nun gerne eine unfass- Schwere Triebwerke schweben lassen und präzise auf den Punkt an ihren Einbauort dirigieren: Kein Kunststück, sondern Arbeitsalltag unserer Kunden. Profitieren auch Sie von richtungsweisenden ABUS Kranlösungen. 02261 37 - 148 verkauf@abus-kransysteme.de www.abus-kransysteme.de bar fantastische, robotergesteuerte, autarke IIoT I4.0 Roadmap präsentieren. Das kann ich aber nicht. Die Weiterentwicklung dieser und auch weiterer Lösungen aus unserem Haus stehen immer im Zusammenhang mit realen Anforderungen unserer Kunden. Und mal ehrlich: die wenigsten Lager- und Produktionsstandorte sind strahlendweiße, voll automatisierte IIoT Smart Factories, in denen man vom Hallenboden essen kann. Wir arbeiten mit Menschen an der Optimierung von Prozessen, um unseren Kunden einen realistischen und planbaren Betrieb zu gewährleisten und flexibel auch auf unvorhersehbare Situationen reagieren zu können. Die Fragen stellte Winfried Bauer, Chefredakteur f+h Fotos: Personenfoto privat, sonstige Zetes www.zetes.com DIE KUNST DES HEBENS www.foerdern-und-heben.de f+h 2021/10 9