Aufrufe
vor 13 Monaten

f+h fördern und heben 10/2022

f+h fördern und heben 10/2022

FORSCHUNG UND

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG PRODUKTIONSINTEGRIERTEN MATERIALFLUSS AUF HÖHERES NIVEAU HEBEN GRANULARER WARENTRANSPORT MIT NEUARTIGEM MINIATUR-LOW-COST-FTF „SCOOTY“ – TEIL I Die Vision einer wandelbaren und von hochdynamischen Warenströmen geprägten Produktion bestimmt in den vergangenen Jahren die Forschung im Bereich Produktionslogistik am Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart. Ein höherer Grad der Wandelbarkeit wird unter anderem durch mobile und interoperable Produktionsanlagen erreicht, die sich an beliebigen Orten in der Fertigungsumgebung aufstellen lassen. Der Einsatz Fahrerloser Transportfahrzeuge (FTF) in großer Anzahl ist daraufhin eine Notwendigkeit zur granularen Aufteilung des Materialflusses. Dabei müssen eine kosteneffiziente Skalierung und technisch begrenzte Ressourcen berücksichtigt werden. 42 f+h 2022/10 www.foerdern-und-heben.de

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG In einem komplett flexiblen Produktionslayout müssen auch die Lagerbereiche neu definiert und positioniert werden. Platzsparende Ad-hoc-Blocklager können dazu aus einzelnen Ladungsträgern, die sich noch auf den FTF befinden, gebildet werden. Damit jeder einzelne Ladungsträger möglichst schnell die äußeren Blocklagergrenzen erreichen kann, muss er in jede Richtung beweglich sein. Diese Anforderung erfüllen am besten flächenbewegliche FTF, da diese beliebig manövrieren können, ohne vorher ihre Ausrichtung zu ändern. Dies schafft zudem die Voraussetzungen für schnellere Ausweichmanöver und kürzere Taktzeiten. Aus logistischer Sicht ist darüber hinaus einzig die Ausrichtung der Ladung von Belang und gibt die bevorzugte Transportrichtung vor. Weist hingegen das verwendete FTF eine Vorzugsrichtung auf, macht dies den Transport gegebenenfalls komplexer. Am flexibelsten kann daher ein Fahrzeug, das sich in jede Richtung frei bewegen kann, die Aufgabe erfüllen. Auch wenn mehrere FTF zusammenarbeiten und wie ein einziges Fahrzeug agieren sollen, um Güter mit zunehmender Größe zu transportieren, eignen sich dazu flächenbewegliche Fahrzeuge am besten. 01 Bei dem neu entwickelten FTF werden LED-Streifen zur dynamischen Spurführung genutzt SYSTEM AUS „INTELLIGENTEM BODEN“ UND ANGEPASSTEM FTF Ausgangspunkt für die Vision dieser umfangreichen Flexibilität bildet ein „intelligenter Boden“. Dieser ist ein patentiertes Doppelbodensystem, konzipiert als universelle Infrastrukturplattform. Der modular aufgebaute Boden besteht aus einzelnen quadratischen Plattenelementen, welche mit unterschiedlichen Sensor- und Aktor-Funktionen ausgestattet werden können. Geeignet ist das Doppelbodensystem für leichte bis mittelschwere Transportaufgaben bis hin zum Gabelstapler (Bodenbelastung 7 kN auf einer Fläche von 100 × 100 mm). Die einfachste Ausführung beinhaltet bereits sensorische und aktorische Elemente in der Tragstruktur. Eine Lasterkennung ist zum Beispiel über Wägezellen in den Füßen möglich. Außerdem sind LED-Streifen als optische Aktoren angebracht, deren LED sich individuell und in jeder Farbe ansteuern lassen. Dies eröffnet neue Lösungsansätze, um Funktionalitäten aus dem FTF an den Hallenboden auszulagern. Das Institut für Fördertechnik und Logistik hat ein solches FTF namens „Scooty“ entwickelt, welches konsequent die neuen Möglichkeiten aufgreift und dadurch Komponentenkosten einspart. Zu den Merkmalen der Entwicklung gehören: n Umgebungs- und Hinderniserkennung leisten die Sensoren im Hallenboden, n eine Energieversorgung kann während der Fahrt drahtlos stattfinden, n die LED-Streifen werden zur dynamischen Spurführung genutzt (Bild 01) und n über Farbmuster in den LED wird ein zusätzlicher Kommunikationskanal geschaffen. Dieses FTF wird somit vollständig vom „intelligenten Boden“ gesteuert. Darüber hinaus besitzt das Fahrzeug keine Vorzugsrichtung und kann der Spur vorwärts (0°), rückwärts (180°) oder mit www.foerdern-und-heben.de f+h 2022/10 43