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f+h fördern und heben 12/2019

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f+h fördern und heben 12/2019

F+H NACHGEFRAGT

F+H NACHGEFRAGT „ASPEKTE UNSERER WERTEGESELLSCHAFT MÜSSEN TECHNOLOGISCHE ENTWICKLUNGEN LEITEN“ Mit der Material Handling & Logistics Conference Europe (MHLC) möchte das Unternehmen Dematic ein branchenübergreifendes Netzwerktreffen zum Thema Supply Chain in Europa etablieren. Dem Anspruch Rechnung tragend, ist das Spektrum an Referenten, das die Teilnehmer am 8. und 9. März 2020 in Stuttgart erwartet, breit gefächert. Als Medienpartner befragt die Redaktion f+h ausgewählte Referenten zu Themen, zu denen sie auch auf der Konferenz Stellung beziehen werden. Den Auftakt macht Claudia Olsson, Gründerin und CEO von Stellar Capacity sowie unter anderem Autorin des Zukunftsszenarios 2030 für die Digitalisierungskommission der schwedischen Regierung. Frau Olsson, als Gründerin und CEO von Stellar Capacity konzentrieren Sie sich in Ihrer Arbeit auf die Auswirkungen neuer Technologien auf Menschen und die Gesellschaft. Welche Tätigkeitsfelder ergeben sich daraus für die Bewältigung gesellschaftspolitischer Zukunftsaufgaben? Claudia Olsson: Angesichts der Netzwerkeffekte, der Geschwindigkeit digitaler Entwicklungen und der globalen Megatrends, die uns beeinflussen, müssen wir uns auf eine Welt vorbereiten, in der wir mit größerer Komplexität und Unsicherheit konfrontiert werden. Die Arbeit mit verschiedenen potenziellen Zukunftsszenarien und die Analyse, wie man am besten darauf reagieren kann, ist ein Weg, um den sich verändernden globalen Bedingungen zu begegnen. Eine andere Möglichkeit ist es, an einer Vision zu arbeiten, die als Anker in Zeiten des schnellen Wandels dienen kann. Die Kombination aus Logistik und künstlicher Intelligenz ist keine Science-Fiction mehr. Wo liegen Hemmschwellen für die Umsetzung in die Praxis? Claudia Olsson: Um die Einführung neuer Technologien voranzutreiben, ist es wichtig, eine aktive digitale Führung zu praktizieren. Bei Stellar Capacity unterstützen wir Unternehmen oftmals dabei, die wichtigsten Herausforderungen für das eigene Fortkommen zu ermitteln, also die dabei helfen sollen, die Marktposition auszubauen. Vielfach resultiert daraus ein Investitionsbedarf in neue technische Systeme oder es sind Investitionen in die Aktualisierung bestehender Systeme unerlässlich. Weitere Schlüsselfaktoren, um die von Ihnen hinterfragten Hemmschwellen zu überwinden, sehe ich in den Fähigkeiten mit neuen Technologien pragmatisch umzugehen und in der kontinuierlichen Weiterbildung des Personals. Darüber hinaus müssen viele Unternehmen

PERSPEKTIVEN ihre Unternehmenskultur und Kommunikation hinterfragen – wagen wir es zu experimentieren, Risiken einzugehen und neue Ansätze und Technologien auszuprobieren? Sind wir neugierig und motiviert, uns auf neue Arbeitsweisen einzulassen? Ist es wichtiger, das definierte Ziel zu erreichen, als die bestehenden Hierarchien zu wahren? Durch die Identifikation der limitierenden Faktoren und deren schrittweise Beseitigung können wir die Chancen des technologischen Fortschritts schneller nutzen. Zwei von drei deutschen Unternehmen wollen innerhalb der nächsten Jahre in künstliche Intelligenz investieren. Das tun die Unternehmen vor dem Hintergrund die Effizienz zu steigern und die Kosten zu reduzieren. Auf welche Art und Weise sind diese Ziele realisierbar? Claudia Olsson: Durch die Implementierung von KI-gestützten Lösungen in Fertigung und Lager können Unternehmen ihre Effizienz verbessern, den Wartungsbedarf und mögliche Unterbrechungen in der Supply Chain vorhersagen sowie Fehler und Materialverschwendung reduzieren. Die Automatisierung von Routineaufgaben, zum Beispiel in der Buchhaltung und Finanzberichterstattung, kann die digitale Produktivität am Arbeitsplatz verbessern, da sich das Personal auf komplexere und höherwertige Aufgaben konzentrieren kann. F+H IST EXKLUSIVER MHLC-MEDIENPARTNER In den USA hat der Intralogistik-Systemintegrator Dematic das Veranstaltungsformat „Material Handling & Logistics Conference“ bereits erfolgreich etabliert. Im nächsten Jahr kommt das branchenübergreifende Netzwerktreffen zum Thema Supply Chain auch nach Europa. Unsere Zeitschrift f+h ist für den Stream „Arbeitsabläufe optimieren“ exklusiver Medienpartner der Konferenz. Das komplette Konferenzprogramm haben wir für Sie auf unserer Website bereitgestellt. Einfach die Web-Adresse bit.ly/fuh_mhlc_01 in Ihren Browser eingeben oder den QR-Code scannen. WEDER KI NOCH COBOTS WERDEN BEI DER BEWÄLTIGUNG ZUKÜNFTIGER HERAUSFORDERUNGEN HELFEN, WENN DIE MENSCHEN IN EINEM UNTERNEHMEN NICHT BEREIT SIND FÜR VERÄNDERUNGEN Von der künstlichen Intelligenz zur Robotik – ein weiteres Thema, das in der breiten Öffentlichkeit, aber auch in der Logistik teilweise kontrovers diskutiert wird. Die Aussagen im Buch „Maschinen wie ich“ von Ian McEwan lassen sich so interpretieren, dass Roboter dem Menschen immer ähnlicher werden. Liegt darin nicht eine Gefahr für das Leben in unserer Gesellschaft? Ist das, im Gegensatz zu den industriellen Anwendungen, dann doch Science-Fiction? Claudia Olsson: Die Entwicklungen in der Robotik werden sich in den kommenden Jahren beschleunigen. Aktuell arbeiten Forscher an fortgeschrittenen humanoiden Robotern; experimentieren an diesen Robotern zum Beispiel mit künstlichen Muskeln. Die Versuche gehen so weit, dass sich die Roboter selbstständig reparieren können. Zweifelsohne sind in naher Zukunft in der Robotik weitere Fortschritte zu erwarten, zum Beispiel in puncto Flexibilität und Leistungsfähigkeit. Generell sind Roboter aber so konzipiert, dass sie nur das zu leisten im Stande sind, was wir Menschen ihnen beibringen. Wir haben also immer die Kontrolle darüber, welche Aktionen die Roboter ausführen. Angesichts der Auswirkungen auf die Zukunftsfähigkeit unserer technischen Systeme sollten wir uns auf unsere menschlichen Werte konzentrieren. Wie und warum wollen wir, dass Roboter unsere Zukunft beeinflussen? Aspekte unserer Wertegesellschaft müssen die Entwicklungen leiten, denn die Technologie wird in erster Linie Ausdruck unserer Werte sein. In Logistikzentren ist der Einsatz von Robotik immer häufiger anzutreffen. Was sind die Konsequenzen aus Ihrer Arbeit für diejenigen, die Roboter im Arbeitsalltag einführen wollen und gibt es dabei Grenzen für die künstliche Intelligenz? Claudia Olsson: Eine wichtige Empfehlung ist es, dass Unternehmen aktiv interne Systeme für kontinuierliches Lernen und digitale Weiterbildung entwickeln müssen. In Umfragen geben 44 Prozent der Europäer an, dass ihnen die grundlegenden digitalen Fähigkeiten fehlen. Im Umkehrschluss heißt dies, dass bereits ein Defizit an digital qualifizierten Arbeitskräften besteht – und die Anforderungen werden weiter steigen. Um Innovationen und Wachstum zu ermöglichen, bedarf es einer branchenweiten Ausrichtung auf die Sicherstellung des Zugangs zu qualifizierten Arbeitskräften. Für die Unternehmen, mit denen wir bei Stellar Capacity zusammenarbeiten, sehen wir, dass sich die Beschäftigung auf mehr Aspekte der digitalen Arbeit konzentrieren muss als nur auf die Technologie – weder KI noch Cobots werden bei der Bewältigung zukünftiger Herausforderungen helfen, wenn die Menschen in einem Unternehmen nicht bereit sind für Veränderungen. Die Fragen stellte Winfried Bauer, Chefredakteur f+h Foto: Elisabeth Ingvar www.stellarcapacity.com | www.mhlc.eu www.foerdern-und-heben.de f+h 2019/12 7