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f+h fördern und heben 3/2020

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f+h fördern und heben 3/2020

PERSPEKTIVEN WIE SICH

PERSPEKTIVEN WIE SICH DIE DIGITALISIERUNG AUF DAS WAREHOUSING AUSWIRKT Viele Produktions- und Logistikunternehmen beschäftigen sich zurzeit mit neuen Technologien. Unter Schlagworten wie Digitalisierung und Industrie 4.0 wird darüber nachgedacht, vorhandene Systeme zu ersetzen, in Automatisierung zu investieren, Big-Data- und KI-Projekte zu starten und sich an Pilot-Unternehmungen und Forschungsprojekten zu beteiligen. Doch welche Probleme in der Intralogistik werden tatsächlich in absehbarer Zeit gelöst? Worauf ist zu achten, wenn die innerbetriebliche Logistik verändert und erneuert wird? Der folgende Beitrag geht auf aktuelle und zukünftige Entwicklungstendenzen im Lager ein. In der Realisierung eines Logistikzentrums vergeht mehr als ein Jahr vom ersten Konzept zum Go-Live. Doch in einer digitalisierten Welt mit verändertem Konsumverhalten werden logistische Ströme und Prozesse schon bereits auf wenige Jahre hin unvorhersehbar. Die Annahmen zu Unternehmenswachstum und logistischem Geschäftsmodell, die in der Planung noch so realistisch schienen, sind beim Go-Live überholt. Die Folge für die innerbetriebliche Logistik sind u. a. Flächenknappheit, Engpässe in den Förderanlagen sowie ineffiziente Lagerbelegungen und geringe Produktivität. Noch schlimmer – auch der Kunde spürt die Probleme in Form von Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen. Welche Lösungen ergeben sich in den nächsten Jahren, um schneller auf die Einführung eines Onlineshops, den Zukauf eines Unternehmens oder die Verlagerung von Lieferanten zu reagieren? LÖSUNGEN FÜR DIE FLEXIBLE SKALIERUNG WERDEN WICHTIGER Einige Lieferanten von Logistiksystemen haben die Notwendigkeit bereits erkannt: Sie wollen eine Skalierung der Ausbringungsleistung innerhalb von drei bis sechs Monaten in den Systemen von Kleinladungsträgern Anfang der 2020er-Jahre anbieten. Schon heute ermöglichen Rack Robots wie Carrypick, Geek S80 oder Greyorange und 3D-Shuttle wie Exotec Skypod und Autostore eine kurzfristige und modulare Skalierbarkeit. Bei vorhandener Fläche lässt sich zeitgleich auch die Lagerkapazität erweitern. Zusätzlich nimmt die Verfügbarkeit von zellularen „Plug & Play“-Behälterförderanlagen zu, die der Betreiber kurzfristig bei Bedarf mieten oder leasen kann. E-Commerce-Unternehmen experimentieren bereits heute damit, um Auftragsspitzen auszugleichen. Etwas weiter in der Zukunft steht die Dynamisierung von intralogistischen Paletten-Strömen oder gar Sperrigartikeln. Durch die großen zu bewegenden Massen und die längeren Übergabezeiten sind hier Grenzen gesetzt, allerdings arbeiten Lieferanten an Palettenshuttle-Lösungen, die eine höhere Dynamik in Automatiklagern erlauben. Als manuelle Lager konzipierte Standorte bieten mittelfristig durch die Automatisierung von Flurförderzeugen und Kommissionierrobotern die Möglichkeit, mit überschaubarem Planungsvorlauf und – entsprechende Leasing- und Mietkonzepte vorausgesetzt – sogar nur in den Zeiten mit Auftragsspitzen die Ausbringungsleistung zu erhöhen. FLÄCHENNUTZUNG WIRD WEITERES OPTIMIERUNGSFELD Nach wie vor problematisch wird 2029 die Flächensituation sein: Nur wenige Gemeinden haben Interesse an der Ansiedlung großflächiger Logistikanlagen. Für die Unternehmenslogistik ergeben sich daraus zwei grundsätzliche Strategien: n Durch hohe Automatisierung und Höhennutzung maximale Produktivität aus geringen Flächen ziehen. – Die Herausforderung dieser Strategie liegt in der nachträglichen Anpassung, wenn sich aus dem Konsumverhalten der Generationen X, Y und Z veränderte Lo- 8 f+h 2020/03 www.foerdern-und-heben.de

PERSPEKTIVEN gistikanforderungen ergeben und die Anlagen zunehmend komplexer werden. n Möglichst schnell Nutzen aus dezentralen, angemieteten Flächen ziehen. – Hier liegt die Herausforderung in der Steuerung und Aufrechterhaltung einer hohen Produktivität sowie in der Auswahl geeigneter teil-/automatisierter Konzepte, die sich kurzfristig umsetzen lassen. WIE VIEL TRANSPARENZ ÜBER DEN EIGENEN MATERIALFLUSS IST ERFORDERLICH? Quittierungen per Scan, Voice, Light oder Vision, virtuelle Lagerbereiche, Zählkontrolle per Waage und Bild, manuelle Volumenmessungen und systemgestützt. In der Lagerlogistik werden zwischen zehn und 30 Prozent der Arbeitszeit dazu verwendet, materialflussrelevante Informationen zu erzeugen. Dabei werden nicht alle relevanten Daten in klar definierten Strukturen abgelegt: Klärfälle, Schadensfälle an Einrichtung und Ware und Instandhaltungsbedarfe werden oftmals manuell erfasst und per E-Mail oder Telefon weitergegeben. Das Ziel hinter dem eifrigen Treiben: Anhaltspunkte über den aktuellen Betriebszustand im Lager und den Aufenthaltsort von Lagergut und Lieferungen zu erhalten – zumindest an definierten Meldepunkten im Lager. Nur auf Basis dieser Informationen lassen sich Logistikzentren steuern oder gar optimieren. Dennoch kommt es zu Stockouts, Warenverlusten, Findlingen und in der Folge zu Clearing-Prozessen, Wartezeiten und Ausnahmeprozessen. Noch weniger Transparenz herrscht an der Schnittstelle der lagerinternen Welt zu der außerbetrieblichen Logistik. Wie viele Logistikzentren könnten heute schon mit Sicherheit sagen, welche Güter sich im Zulauf befinden und am nächsten Morgen vereinnahmt werden können – oder gar diese Informationen nutzen, um Personal zu planen, den Verbuchungsprozess zu beschleunigen oder Rückstandsware schnell in Umlauf zu bringen? Heute steckt der Markt der Realtime-Materialfluss-Verfolgung noch in den Kinderschuhen. Zwar sind Ortungssysteme – basierend auf Bluetooth, Low Energy, Ultra Wide Band, Wifi oder Mobilfunk- Ortung – vorhanden und auch die Beacons lassen sich im besten Fall auf ±10 cm genau im dreidimensionalen Raum verorten, allerdings liegen die Kosten der Infrastruktur vielfach weit jenseits der Wirtschaftlichkeit. Überlegungen zur Einbindung in WMS und TMS, um materialflussrelevante Zusammenhänge darzustellen oder gar Entscheidungshilfen zu geben, stehen aktuell hinter der Entwicklung der Tracking-Hardware zurück. Ebenfalls am Anfang stehen kombinierte Indoor-Outdoor-Syteme: Die Telekom testet zurzeit ein Tracking-System, das über Narrow Band IOT indoor und outdoor eingesetzt werden kann und (aus intralogistischer Sicht) eine näherungsweise Abbildung von Materialflüssen ermöglicht. Ausblick auf Warehousing 2029: Neben einer erhöhten Genauigkeit des Trackings wird der Fokus der Unternehmen sich auf die Auswertung der aufgezeichneten Daten, die Integration in WMS- und TMS-Systeme und die Ableitung von Handlungsempfehlungen richten, die den eigentlichen Nutzen stiften. Daraus werden sich Partnerschaften und Unternehmenszukäufe ergeben, mit dem Ziel Materialflüsse und Betriebszustände ganzheitlich abbilden zu können. DIE LAGERARBEITER VON HEUTE MÜSSEN FÜR DIE VERÄNDERTEN ROLLEN VON MORGEN QUALIFIZIERT WERDEN Wir rechnen damit, dass schon mittelfristig ein großer Teil der Lagerstandorte von der deutlich erhöhten Materialflusstransparenz profitieren werden. Dabei werden Managementsysteme wie Control Tower und Digital Shopfloor zu Standardwerkzeugen für Logistikmanager und Planer. Der Return-on-Investment wird dabei vor allem aus der besseren Steuerbarkeit von Standorten und Lieferketten sowie der erhöhten Liefertreue entstehen, in beschränkterem Umfang auch aus der Reduzierung der operativen Arbeitslast durch Scannen, Messen und Wiegen. Nach wie vor wird auch in zehn Jahren die Herausforderung bestehen, übergreifende Standards zu definieren, die in der innerund außerbetrieblichen Logistik national und international zum Einsatz kommen können. AUSWIRKUNGEN AUF DEN UNLIEBSAMEN BERUF DES LAGERISTEN Ein Logistikzentrum mit qualifiziertem Personal zu besetzen, ist eine Herausforderung – nicht nur in Zeiten annähernder Voll-