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f+h fördern und heben 5/2019

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PERSPEKTIVEN IM KAMPF UM

PERSPEKTIVEN IM KAMPF UM MITARBEITER: WAS KÖNNEN LOGISTIKER VON TRENDS IM BÜROIMMOBILIENMARKT LERNEN? Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wird zunehmend zur Herausforderung für die Logistikbranche. Was können die Unternehmen im Kampf um Mitarbeiter von den Trends im Büroimmobilienmarkt lernen? Allein rd. 300 000 neue Lagerarbeitsplätze wurden in den vergangenen drei Jahren europaweit geschaffen. Die Nachfrage nach Kommissionierern, Gabelstaplerfahrern, aber auch technisch speziell geschultem Personal steigt und steigt. Gleichzeitig sind die großen europäischen Volkswirtschaften von einem hohen Beschäftigungs- und Wirtschaftsniveau und einer geringen Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Ein Ende dieser Entwicklung ist zumindest kurz- bis mittelfristig nicht abzusehen. Ferner lässt sich davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Lagerflächen hoch bleibt, und demzufolge der Personalbedarf steigt. Grund dafür ist vor allem der wachsende E-Commerce. Laut Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland ist der Umsatz dieses Sektors im vergangenen Jahr um elf Prozent auf 65,1 Milliarden Euro gestiegen. 2019 wird erneut mit einem zweistelligen Plus auf ca. 71 Milliarden Euro gerechnet. Da E-Fulfillment- Infrastrukturen oftmals sieben Tage die Woche rund um die Uhr arbeiten, erhöht dies den Personalbedarf zusätzlich. Vor diesem Hintergrund ist die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in der Logistikbranche inzwischen zu einer zentralen Herausforderung für die Unternehmen geworden. Logistikhallen sind jedoch längst nicht mehr nur ein Ort, an dem Waren bevorratet werden. In den vergangenen Jahren sind die Prozesse deutlich komplexer geworden. Die zunehmende Automatisierung verändert nicht nur die Abläufe, sondern auch die Anforderungen an das Lagerpersonal. Verschiedene Analysen zeigen auf, dass die durch die Automatisierung am meisten gefährdeten Arbeitsplätze i. d. R. routinemäßige, vorhersehbare und manuell zu erledigende Aufgaben mit niedrigem Qualifikationsniveau sind. Je weiter die Automatisierung in den Lagern voranschreitet, und das wird allein schon aufgrund des zunehmenden Personalmangels passieren, desto weniger einfache Arbeitskräfte werden also für ein bestimmtes Arbeitsvolumen benötigt. Gleichzeitig steigt allerdings der Bedarf an höher qualifizierten Arbeitskräften für den Betrieb, die Überwachung sowie Wartung und Reparatur der automatisierten Systeme, wie aus dem Report „Arbeitskräfte & Automatisierung“ von JLL hervorgeht. Noch liegt der Anteil der höher qualifizierten Mitarbeiter im Schnitt nur bei rund zehn Prozent der Belegschaft. Er dürfte in den kommenden Jahren aber immer weiter steigen. QUALIFIZIERTES PERSONAL ZU FINDEN, IST KEIN SELBSTLÄUFER Doch auch qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, ist bereits kein Selbstläufer mehr: Auf einer Skala von 1 (leicht) bis 5 (schwierig) benoten die Betreiber von Lagerhallen den aktuellen Zugang zu qualifizierten Mitarbeitern derzeit mit einer 3,7, wie aus einer Umfrage von Eyefortransport und Prologis Research unter 206 Betreibern von Lagerhallen hervorgeht. In fünf Jahren beurteilen sie die Lage bereits mit einer 4,2. Der Kampf um qualifizierte Mitarbeiter wird sich nach Meinung der Befragten in den kommenden Jahren also verschärfen. Pluspunkte bei potenziellen Mitarbeitern sammeln Logistikunternehmen u. a., indem sie ein attraktives Arbeitsumfeld und einen Arbeitsplatz in ansprechendem Design schaffen. Dabei können die Unternehmen die Entwicklungen und Trends auf dem Markt für Büroimmobilien für sich nutzen. Sicherlich lassen sich nicht alle Trends eins zu eins umsetzen. In klassischen Lagerhallen sind viele Büro-Trends nur schwer anzuwenden. Da aktuell rd. 70 Prozent aller Vermietungsumsätze von Logistikobjekten in Neubauten bzw. 10 f+h 2019/05 www.foerdern-und-heben.de

PERSPEKTIVEN 01 Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften wird immer schwieriger 02 Räume zur Konzentration am wichtigsten 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Vor 5 Jahren Aktuell In 5 Jahren Auf einer Skala von 1 (leicht) bis 5 (schwierig) ist es qualifizierte Arbeitskräfte zu finden? Umfrage unter 206 Nutzern von Lagerhallen Quelle: Eyefortransport, Prologis Research Konzentration Erholung & Inspiration Gelegenheit zur Bewegung 0 10 20 30 40 50 60 Welche Räume haben Priorität für Sie? Umfrage unter 506 Mitarbeitern in Deutschland, die in einem Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten arbeiten. Angaben in Prozent der Befragten. Mehrfachnennungen möglich Quelle: JLL, Studie "Human Experience" Projektentwicklungen stattfinden, also kontinuierlich moderne Immobilien entstehen, dürften sich einige Erkenntnisse aber durchaus umsetzen lassen. Zumal die qualifizierten Arbeitsplätze i. d. R. außerhalb der Distributionslager angesiedelt sind. BEDEUTUNG DES MENSCHLICHEN ERLEBENS NIMMT ZU ne Kreativräume und externe Coworking-Möglichkeiten folgen auf den Plätzen dahinter. Der ideale Arbeitsplatz sollte also möglichst eine ausgewogene Balance aus Ruheräumen und innovativen Flächen für soziale Interaktion bieten. Die zunehmende Automatisierung hat allerdings auch Auswirkungen auf die Planung und Auslegung neuer Lagerhallen selbst: So wird die Grundfläche künftig geringer sein, gleichzeitig geht es in die Höhe. Denn die Automatisierung sorgt für eine effizientere Nut- WAREHOUSING TRANSPORTATION PSIwms 100 % releasefähig – Zukunft inklusive! » www.psilogistics.com Software for Logistics Industry Leaders Grundsätzlich gilt: Unternehmen müssen künftig immer stärker neue Arbeitsplatzkonzepte und -formate einführen, um auf die veränderten Bedürfnisse ihrer (potenziellen) Mitarbeiter zu reagieren. Bestätigt hat dies die Studie „Human Experience“ von JLL. Im Rahmen der Erhebung wurden weltweit 7 364 Personen befragt, die in einem Büro und Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten arbeiten, darunter 506 in Deutschland. Die Fragestellungen bezogen sich auf die aktuelle Arbeitsplatzsituation sowie auf Prioritäten und Erwartungen an ein ideales Arbeitsumfeld. Als roter Faden zieht sich dabei die Bedeutung des menschlichen Erlebens, der „Human Experience“ durch alle Länder. Konsequenterweise sollte dieses Erleben darum im Mittelpunkt der Entscheidungen für Immobilien stehen und ein strategisches Werkzeug sein, um Produktivität und Zusammenarbeit zu steigern – und um neues Personal für sich zu gewinnen. Was versteht man darunter? Noch geben weniger als die Hälfte der befragten deutschen Arbeitnehmer an, dass sie an ihrem Arbeitsplatz effektiv sein können. Daraus folgt ein eher geringes Engagement für das Unternehmen: Nur 37 Prozent der deutschen Arbeitnehmer fühlen sich „sehr engagiert“ bei der Arbeit, die Hälfte dagegen „nicht sehr engagiert“ oder nur „etwas engagiert“. Diese Engagement-Lücke lässt sich mithilfe von vielfältigen Möglichkeiten schließen. Dabei spielt der physische Arbeitsplatz eine nicht zu unterschätzende Rolle. So hat die zuvor genannte Umfrage z. B. ergeben, dass Menschen mit Zugang zu Räumen, die Wohlbefinden, Kreativität und Gemeinschaft fördern, tendenziell stärker engagiert sind. Befragte, die Zugang zu innovativen Flächen haben, berichten, dass sie vollkommen effektiv ihrer Tätigkeit nachgehen können. Konkret: Gefragt wurde u. a., welche Raumart gefühlt die positivste Auswirkung auf die Arbeit hat. Das Ergebnis: Räume für gemeinsame Interessen stehen hoch im Kurs, vor allem bei der Gruppe der unter 35-Jährigen. Ebenso positiv sehen Büroangestellte hochwertige Café- und Snackbars, um sich dort einfach, aber gesund und schmackhaft zu verpflegen und ins Gespräch zu kommen. Fortschritte für das Unternehmen erhoffen sich die Mitarbeiter auch von Inkubatoren und Acceleratoren – also Räumen, um Ideen zu entwickeln und möglichst schnell umzusetzen. Allgemeiwww.foerdern-und-heben.de f+h 2019/05 11 PSI Logistics f+h 90x130 2019-05-24.indd 1 28.03.2019 17:25:32 PSI-Logistics.indd 1 02.04.2019 14:39:35