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f+h fördern und heben 6/2017

f+h fördern und heben 6/2017

RETROFIT Fit gemacht

RETROFIT Fit gemacht für schwere Aufgaben Modernisierte Hallenkrane heben 200-Tonnen-Last im Tandembetrieb Das Pumpspeicherkraftwerk Witznau nutzt seit Jahrzehnten das Wasser des Schluchsees, um Strom zu erzeugen. Jetzt müssen die mehr als 200 Tonnen schweren Generatorpolräder zur Revision. Zur Realisierung des Projekts unterzieht der Betreiber seine Krananlagen einem umfassenden Retrofit. Veraltete Komponenten werden demontiert und die Maschinenhaus-Zweiträgerbrückenkrane mit neuen Hilfshubwerken und digitalen Features ausgestattet. Im Südschwarzwald ist die Energiewende längst Realität. Rund um den Schluchsee liefern fünf Pumpspeicherkraftwerke der Schluchseewerk AG aus Laufenburg umweltfreundliche Energie. Das Wasser aus dem See treibt die Turbinen der Kraftwerke an. Sie erzeugen mit ihren Generatoren Strom – jährlich ca. 2,2 Mrd. kWh. Die etwa 360 Mitarbeiter des Unternehmens decken so rechnerisch den Jahresstromverbrauch von rd. 630 000 Haushalten. Seit 1943 ist das Pumpspeicherkraftwerk Witznau in Betrieb. Hier fällt das Wasser des Schluchsees aus 250 m Höhe in den mehr als neun Kilometer langen Druckstollen; etwa 130 m³ Wasser drücken pro Sekunde gegen die Rotorblätter der Turbinen. Sie treiben die vier Generatoren an, die den Strom erzeugen – mit einer Leistung von 220 MW. Jahrelang im Dauereinsatz müssen die jeweils mehr als 200 Tonnen schweren Generatoren nun zur Revision. Dafür benötigt der Betreiber Krane mit entsprechend hoher Trag fähigkeit. Sie sollen die Generatorwellen präzise positionieren und Kollisionen zwischen Rotor und Stator beim Anheben verhindern. Das Unternehmen Konecranes hat deshalb im Auftrag der Schluchseewerk AG die maßgeblichen aber in die Jahre gekommenen Komponenten der Krananlagen demontiert und ersetzt. Darüber hinaus wurde die Katzbahn eines der beiden Maschinenhaus-Zweiträgerbrückenkrane vom Kranspezialisten exakt vermessen und geprüft. Verbesserte Performance durch neue Antriebstechnik Um die Sicherheit beim Ein- und Ausbau sowie beim Transport der Generatorenkomponenten zu erhöhen, hat Konecranes die Krananlagen mit neuer Antriebs- und Steuerungstechnik ausgestattet. „Das hier ist eine besondere Aufgabe, weil keine Konstruktionszeichnungen der beiden Maschinenhauskrane mehr existieren“, erklärt Andreas Scheerer, Leiter der Modernisierungsabteilung bei Konecranes. „Zudem geschah die Montage der Komponenten in Einzelteilen, weil in der Kraftwerkshalle zwischen Träger und Hallendecke kein Platz für den Einsatz eines Autokrans ist.“ Im Kraftwerk wurden u. a. neue Hilfshubwerke, Getriebemotoren und Schmiersysteme für die Zweiträgerbrückenkrane installiert. Zusätzlich hat der Kran- und Hebetechnikhersteller beide Maschinenhaus krane mit rückspeisefähigen Fre- 34 f+h 6/2017

quenzumrichtern für stufenloses Heben und Fahren ausgestattet sowie die Schaltschränke und elektrischen Anschlüsse modernisiert. Ein Kranführer steuert zwei Krane synchron Die zwei Maschinenhauskrane im Kraftwerk verfügen jeweils über ein Haupthubwerk mit 120 und ein Hilfshubwerk mit 12,5 Tonnen Tragfähigkeit, um die Komponenten und die Generator-Polräder zu heben „Für den sicheren Transport der Generatoren ist die Kraft beider Haupthubwerke nötig“, so Scheerer. „Die Hilfshubwerke konnten nicht mit der geforderten Technik nachgerüstet werden, wir haben deshalb die beiden alten Hilfshubwerke gegen neue ausgetauscht.“ Die neuen Hilfshubwerke drehen mit ihren jeweils 12,5 Tonnen Tragfähigkeit bei 30 m Hubhöhe jetzt Komponenten während der Montagearbeiten in die richtige Position und unterstützen so die Haupthubwerke. Zugleich lassen sie sich komplett autark nutzen. Bei den Hebeprozessen sorgen neue Features für mehr Sicherheit und Effizienz. „Mit dem Master-Slave-Modus lenkt ein Kranführer mit einer Funkfernsteuerung gleichzeitig beide Krane“, sagt Scheerer. „Die Krane lassen sich so im Tandem betrieb synchron steuern. Wo früher zwei Kranführer die Kranbewegungen per Zu ruf koordinieren mussten, ist heute jede Kranbewegung im Sekundentakt synchronisiert.“ Für zusätzliche Sicherheit während des Transports der Generator-Polräder sorgen die lasergesteuerten Zusammenfahrsicherungen und die Lastmessung inklusive Überlastschutz. Auch beim Heben „denken“ die beiden Maschinenhauskrane mit: Sie sind mit einem System zur Drehzahlrückführung ausgestattet, das prüft, ob sich die Seilwinden korrekt drehen. Entspricht die aktuell gemessene Drehzahl nicht der vom Kranführer via Funkfernsteuerung vorgegebenen, korrigiert das System automatisch die Synchrongeschwindigkeit zwischen Master- und Slave-Kran. Neben Transportsicherheit spielt im Pumpspeicherkraftwerk auch Energieeffizienz eine Rolle. Die beiden Krananlagen sind mit rückspeisefähigen Frequenzumrichtern ausgestattet, die ein stufenloses Heben ermöglichen (Bild) und zugleich die Bremsenergie zurück ins Stromnetz speisen. „Im Kraftwerk ist eine hohe Arbeits sicherheit maßgeblich, aus diesem Grund sind die Sicherheitssysteme wie Überlast sicherung und Endabschaltungen redundant“, so Scheerer. Zentrale Anlagenprogrammierung per Touchdisplay Ein Bestandteil der Anlagen modernisierung im Pumpspeicherkraftwerk Witznau ist die Inspektion der etwa 13 m langen Katzbahn einer der beiden Hilfshubwerkskatzen mit der „GeoQ- Methode“. Dafür haben die Mitarbeiter von Beide Maschinenhauskrane wurden mit rückspeisefähigen Frequenzumrichtern für stufenloses Heben und Fahren ausgestattet Konecranes die Katzbahn mit Laser vermessen, ein 2D-Modell erstellt und die gesammelten Daten zu Spannweite und Geradheit der Katzbahnen sowie zur Höhendifferenz der Schienen ausgewertet. Scheerer: „Alle Werte liegen in den, nur wenige Millimeter großen, Toleranzbereichen. Damit ist sicher gestellt, dass die Hilfshubwerkskatze einwandfrei auf der Katzbahn fahren kann.“ Um Verlässlichkeit und Sicherheit der Kransysteme zusätzlich zu erhöhen, wurden weitere Anlagenkomponenten modernisiert: Die Katzund Kranfahrgetriebemotoren, die Hubseile und Getriebemotoren einschließlich der Magnetscheibenbremsen der Haupthubwerke sowie die Stromzuführungen und die Kranverkabelung. „Auch die Schmieranlage ist komplett neu. Wir haben für jeden Kran drei neue Zentralschmiersysteme installiert, die sich elektronisch steuern lassen“, ergänzt Scheerer. In den ebenfalls ausgetauschten Schaltschränken ist ein Bildschirm mit Touchdisplay integriert, über das sich die Zyklen der Zentralschmieranlage einstellen lassen. Zusätzlich können darüber die elektrischen Anlagen programmiert und überwacht werden. „Mit dem Tandembetrieb der beiden Zweiträgerbrückenkrane sind unsere Transportprozesse jetzt sicherer und effizienter. Denn nun kann ein Fahrer im Master-Slave-Betrieb beide Krane gleichzeitig und synchron steuern“, resümiert Manfred Spitz, Teilbereichsleiter Elektrotechnik und Projektleiter der Kranmodernisierung bei der Schluchseewerk AG. Fotos: Konecranes www.konecranes.de Läuft bei Ihnen noch alles rund? Nein? Nicht schlimm, wir helfen gerne! www.torwegge.de