TÜV-GEPRÜFT: WAS ES BEI DER ZERTIFIZIERUNG VON FAHRERLOSEN TRANSPORTSYSTEMEN ZU BEACHTEN GILT Ob in der Intralogistik, der automatisierten Fertigung oder im Umfeld von Smart Factory und Industrie 4.0 – Fahrerlose Transportsysteme (FTS) steigern die Effizienz entscheidend. Doch die FTS-Hersteller müssen für den Marktzugang zahlreiche Sicherheitsnachweise erbringen. Der TÜV Süd gibt einen Überblick über kritische Punkte und normative Anforderungen. Lesen Sie mehr. FTS sind aus der Logistik kaum noch wegzudenken. Damit sie ihre Aufgaben zuverlässig erfüllen können, bietet der TÜV Süd eine Reihe von Prüfmethoden und Dienstleistungen an. Fundiertes Know-how und jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der automatisierten Flurförderzeuge ermöglicht es dem technischen Überwachungsverein, FTS-Hersteller, -Integratoren und -Betreiber sowie ihre Zulieferer zu unterstützen. Das Ziel: eine schnelle Zertifizierung – ganz gleich, ob in Asien, Europa oder Nordamerika. Doch im Rahmen der Prüfung gibt es unterschiedliche Kriterien zu beachten, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. BATTERIEN – TRANSPORT UND LADESTROM PRÜFEN Die Batterien des Fahrzeugs sollten unbedingt unter den jeweiligen Einsatzbedingungen geprüft werden. Darüber hinaus sollte ein Nachweis vorliegen, dass sie sich bei physischer Beschädigung akzeptabel verhalten. Denn ein Einsatz von FTS außerhalb von Gebäuden erfordert z. B. andere Voraussetzungen an die Batteriezellen, als einer innerhalb. Die Dauer des Transports zum Verwendungs- oder Einbauort kann ebenfalls unterschiedlich sein. Bei Unfällen bestehen mitunter erhebliche Explosionsrisiken. Diese Eigenschaften werden z. B. durch den Transporttest nach UN 38.3 Test verifiziert. Darüber hinaus ist es wichtig, den Ladestrom zu begrenzen: Ein geeignetes Batteriemanagementsystem muss u. a. die Ladung zwischen den Zellen ausgleichen sowie den Ladestrom überwachen. Somit steigt der Bedarf an Performance- und Alterungstests. TÜV 30 f+h 2020/07-08 www.foerdern-und-heben.de
PRODUKTE UND SYSTEME Süd hat in diesem Kontext z. B. mehr als 700 zusätzliche Testkanäle für Zellperformance-Prüfungen in Europa installiert. KOMMUNIKATION – STANDARDISIERTE LÖSUNGEN NUTZEN In einem diversifizierten FTS-Fuhrpark müssen z. B. Systeme unterschiedlicher Hersteller problemlos zusammenarbeiten können. Dabei ist es oft zuverlässiger, sich für eine standardisierte Lösung zu entscheiden, als Funkbefehle über WLAN mit Lasernavigation, Indoor-GPS oder magnetischen Leitlinien zu kombinieren. Mit standardisierter Kommunikation und einheitlichen Protokollen müssen Daten nicht mehr interpretiert oder umgerechnet werden. Fehlfunktionen lassen sich durch eine exakte Positionserkennung und das dynamische Umschalten von Sicherheitsfeldern minimieren. STEUERUNGSSOFTWARE – ETABLIERTE PROGRAMMBAUSTEINE ANPASSEN Mehr Datensicherheit (Security), Arbeitssicherheit (Safety) sowie eine höhere Verfügbarkeit bringt eine robuste und erprobte Steuerungssoftware mit sich. Eine Investition an dieser Stelle vermeidet eine Manipulation oder komplette Übernahme der Systeme durch Dritte. Best Practices sind hier z. B. eine direkte Zuordnung von IP- Adressen, standardisierte Schnittstellen oder der Einsatz einer über einen längeren Zeitraum eingesetzten und mehrfach fehlerbereinigten Software. Vielfach ist es dabei sicherer, bestehende Programmbausteine zu verwenden und zu konfigurieren als neu zu programmieren und zu erproben. Zusätzliche wichtige Design- und Bewertungskriterien bietet die Normenreihe IEC 62443. FUNKTIONALE SICHERHEIT – MANAGEMENTSYSTEM AUFSETZEN Ein professionelles Management der Funktionalen Sicherheit, z. B. nach IEC 61508-1, wirkt systematischen Fehlern entgegen. Das gilt zumindest im Hinblick auf den kompletten Lebenszyklus der sicherheitsgerichteten Systeme und Komponenten – von der Planung, über die Produktion bis zur Außerbetriebnahme. Und systematische Fehler sind, im Gegensatz zu zufälligen Fehlern, der häufigste Grund dafür, dass elektrische, elektronische oder programmierbare Systeme versagen. Hersteller und Betreiber von FTS müssen mögliche Fehlerquellen analysieren und dafür standardisierte Lösungen umsetzen. Teilweise schränkt dies das Verhalten des FTS ein. Denn es existiert kein dynamisch-funktional sicherer Automatismus, der neue Gefahren erkennt und parallel die Parameter der vorhandenen Sicherheitseinstellungen anpasst. ELEKTRISCHE SICHERHEIT – STROMQUELLEN REDUNDANT AUSLEGEN Im Umfeld von Industrie 4.0 und Smart Factory verbinden FTF die Produktionslinien und steigern die Effizienz men IEC 61800 und UL 61800 kommen für Antriebe mit Frequenzumrichter zur Anwendung. Grundsätzlich sind redundant ausgelegte Stromquellen sinnvoll. So bleiben die sicherheitstechnischen Systeme auch bei Störungen einsatzfähig. Darüber hinaus sind energiespeichernde Komponenten sicherheitsrelevant – ob Batterien, Ladevorrichtungen, hydraulische Systeme oder Federkraftbremsen. Alle Komponenten müssen sich aufgrund ihrer Konstruktion gefahrlos austauschen oder entfernen lassen. Anschlüsse automatischer Ladesysteme sollten sich automatisch deaktivieren, wenn das Transportfahrzeug und die Ladestation nicht verbunden sind – konduktiv oder induktiv. HINDERNISSE UND PERSONEN – SENSORDATEN VERKNÜPFEN Um Kollisionen mit Personen und Hindernissen zu vermeiden, sind Sicherheitsfelder wichtig, die mithilfe von Sensoren um das FTF erzeugt werden. Ferner sollte der Blick auf Fehler bei der dynamischen Parametrierung gerichtet werden, z. B. durch Positionsfehler, oder dem kontinuierlichen Anpassen und Umschalten der Felder. Diese sind kritisch, wenn Personen in den Transportbereich gelangen. Eine Auswertung und Verknüpfung unterschiedlicher Sensordaten kann demnach dabei helfen, Personen im Umfeld eines FTS zuverlässig zu erkennen. International aufgestellte und zugleich unabhängige Experten wie von TÜV Süd Product Service helfen dabei, die verschiedenen Herausforderungen länderspezifischer Normen und gesetzlicher Regelungen zu bewältigen. Das sichert die Prozessqualität und beschleunigt den Marktzugang. Fotos: Phonlamai Photo – Shutterstock und Chesky – Shutterstock Autor: Matthias Hartl ist Projektleiter Smart Automation bei TÜV Süd Product Service www.tuvsud.com Auch die elektrischen Sicherheitsanforderungen an ein FTS spielt eine wichtige Rolle, denn diese sollten mit allen Komponenten und Subsystemen abgeglichen werden. So werden z. B. elektrische Komponenten nach EN 1175 ausgelegt. Die Norm umfasst aber keine Funktionen für den fahrerlosen Betrieb. Hier ist dann die ISO 3691-4 grundlegend für die Planung. Die internationalen Norwww.foerdern-und-heben.de f+h 2020/07-08 31
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