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f+h fördern und heben 8/2025

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IMPULSEPRÄDIKTIVE

IMPULSEPRÄDIKTIVE ANALYTIK VERBINDET ERP-SYSTEME MIT SENSORDATENFÜR EINE INTELLIGENTE STEUERUNGLAGER VORAUSSCHAUEND UNDENERGIEEFFIZIENT OPTIMIERENUngleichmäßige Arbeitslasten, Anlagenausfälleund teure Überstunden belasten Lager- undDistributionszentren. Prädiktive Analytik schafftAbhilfe durch die intelligente Verknüpfung vonERP-Daten mit IoT-Sensoren. Die 4P-Strategieaus Planen, Prüfen, Prognostizieren undPivotieren überführt Prognosen systematisch inoperative Maßnahmen. KI weist Lkw freie Torezu, verschiebt Ladevorgänge in energiegünstigeZeiten und plant Wartungen vor drohendenAusfällen. Anwendungsfälle reichen vomLaderampen-Management übervorausschauende Wartung bis zur Optimierungder Kühlkette. Das System lernt kontinuierlichund baut Expertenwissen auf.Die globale Logistik steht zunehmend unter Druck. SteigendeEnergiekosten, Fachkräftemangel und instabileLieferketten, beeinflusst durch geopolitische und klimatischeFaktoren, wirken sich direkt auf Lager- und Distributionszentrenaus. Lange Wartezeiten, ungleichmäßige Arbeitslasten,Anlagenausfälle und teure Überstunden sind die Folge.Prädiktive Analytik setzt genau da an. KI hilft bei der Kontextualisierungvon ERP-Daten wie Aufträge, Zeitpläne und Kosten mitEchtzeitdaten aus IoT-Systemen. So entstehen Prognosen, dieoperative Probleme vorausschauend identifizieren, um sie präventivzu lösen, bevor sie eskalieren.DIE 4P-STRATEGIE ALS REGELKREISEin in der Praxis erprobtes Vorgehen zur Einführung prädiktiverAnalytik ist die 4P-Strategie, ein Zyklus aus Planen, Prüfen, Prognostizierenund Pivotieren. Aufträge, Lagerbestände und Arbeitsanweisungenim ERP-System bilden die Grundlage für die Planung.In der anschließenden Überprüfung wird der Plan mit derRealität abgeglichen, etwa durch Barcode-Scans, Energiemessungenoder Fahrzeugdaten. Darauf aufbauend prognostiziertdie KI Entwicklungen in der nahen Zukunft. Zum Beispiel frequentierteLagerzonen, die Ankunftszeiten von Lkw oder drohendeEnergieverbrauchsspitzen. Die entscheidende Phase ist die Pivotierung:Prognosen werden in konkrete Maßnahmen übersetzt.Das System weist einem Lkw ein freies Tor zu, verschiebt Batterieladevorgängein Zeiten von Energieüberschuss oder plantWartungen, bevor Ausfälle drohen. Die KI überprüft fortlaufend12 f+h 2025/08 www.foerdern-und-heben.de

IMPULSEdie Wirkung und baut eine Wissensbasis auf, um die Effizienzkontinuierlich zu steigern.ANWENDUNGSFÄLLE ENTLANG DESMATERIALFLUSSESPRÄDIKTIVE ANALYTIKVERKNÜPFT ERP-DATEN MITIOT-SENSORENKI steigert die Effizienz der operativen Steuerung, indem sie ERPsowie kontextualisierte IT- und OT-Daten (Operational Technology)einbezieht. Im Folgenden einige exemplarische Anwendungsfälle.Im Laderampen- und Containermanagement lassen sich Ankunftszeitenund Rampenkapazitäten abgleichen, um die Entladereihenfolgezu optimieren und wichtige Lagerhaltungseinheitenzu priorisieren. Innerhalb des Lagers sorgt prädiktive Analytikfür problemlose Abläufe, indem sie Engpässe vorhersagt, Aufgabenneu verteilt und Flottenbewegungen umlenkt. Auch dieBedarfsplanung wird neu gedacht: Historische Daten und externeFaktoren ermöglichen präzise Prognosen, mit denen Schnelldreheroptimal gelagert und Nachschubprozesse automatisiertangestoßen werden. Dies verkürzt Wege, reduziert Fehl- oderÜberbestände und erhöht die Verfügbarkeit.Ein weiterer Hebel ist die vorausschauende Wartung. Schonkleinste Abweichungen bei Vibration oder Stromaufnahme beiFörderbändern werden erkannt und führen zu geplanten Reparaturen,bevor teure Ausfälle entstehen. In der Kühlkette lassen sichungewollte Temperaturschwankungen früh identifizieren, Containerautomatisch zu vorbereiteten Laderampen leiten undHVAC-Systeme (Heizung, Lüftung, Klimatechnik) sowie Ladevorgängevon Elektrofahrzeugen an Energiepreise koppeln. So sinkenWarenverluste und Kosten. Auch die Sicherheit des Personalsprofitiert: Systeme erkennen erhöhtes Verkehrsaufkommen, leitenTempolimits oder Einbahnstraßenregelungen ein und minimierenUnfallrisiken.EIN TYPISCHER TAG MIT KI-GESTÜTZTERINTRALOGISTIKUm 6:45 Uhr beginnt der Arbeitstag. ERP- und Transportmanagementsystemzeigen ankommende Lieferungen, während GPS-Sensordaten der Lkw melden, dass zwei Container zwanzig Minutenfrüher eintreffen. Die KI weist die Entladerampen 6 und 7 zu,damit die Ware für einen kritischen und dringenden Kommissionierauftragum 10:30 Uhr zur Abholung vorbereitet ist. Gegen 8:50Uhr erkennt das System einen starken Anstieg an fahrerlosenTransportfahrzeugen im Lagerbereich C. Die Software verzögertbetroffene Kommissionieraufträge um sieben Minuten und führteine Einbahnstraßenregelung für fahrerlose Transportfahrzeugeein. Der Lagerumschlag bleibt dadurch stabil. Um 11:30 Uhr steigtder Stromverbrauch und die Temperatur eines Antriebsmotors aneinem Förderband. Das System reagiert automatisch, indem esdas Sendungsvolumen vom Förderband in andere Bereiche umlenktund parallel im ERP einen Reparaturauftrag anlegt. Der Lagerumschlagbleibt dadurch konstant und das Förderband wirdzeitnah repariert. Am Nachmittag, um 14:00 Uhr, werden fahrerloseTransportfahrzeuge vom System vermehrt in ihre Ladezonendirigiert, da die KI eine erhöhte Energieerzeugung der hauseigenenPhotovoltaikanlage (PV-Anlage) registriert. Bestehende Kommissionieraufträgewerden entsprechend umgeplant, bis diefahrerlosen Transportfahrzeuge nach dem Ladevorgang wiederzur Verfügung stehen. Die Energie aus der PV-Anlage wird somitoptimal und effizient genutzt. Um 16:30 Uhr zeigt das Video-Analytics-Systemein erhöhtes Unfallrisiko aufgrund einer auffällighohen Anzahl an Personen an Laderampe 3. Das System reagiertmit einem Tempolimit und einer Einbahnstraßenregelung fürrund 40 Minuten. Der letzte Lkw verlässt das Gelände pünktlich,die Mitarbeiter beenden ihre Schicht gesund und unversehrt.AUSBLICK UND EMPFEHLUNGENDie Potenziale der prädiktiven Analytik sind längst nicht ausgeschöpft.Zukünftig werden Lagerhäuser ihren Energieverbrauchstärker an die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien anpassen.CO 2-Emissionen entwickeln sich zu einer ebenso relevantenKennzahl wie Kosten und Zeit.Für die Einführung gilt es, das ERP-System als Kern der Ausführungzu nutzen, dabei jedoch eine hohe Aufmerksamkeit auf dieDatenqualität zu legen. Entscheidend ist ein iteratives Vorgehen:Erreicht ein Standort messbare Verbesserungen, sollte seine Konfigurationaus Sensoren, Aktionen und KPI als Blaupause für andereStandorte dienen.FAZITDie Anwendung des 4P-Zyklus unter der Verwendung von ERPundEchtzeitdaten ermöglicht es KI-Lösungen, Erkenntnisse inAktionen zu überführen. Das Ergebnis sind reduzierte EnergieundWartungskosten, höhere Betriebssicherheit und verlässlicheLieferketten. Expertenwissen wird im System persistiert, die operativeLeistung steigt und das Unternehmen gewinnt an Resilienz.Autor: Sandeep Bhan, Global Expert Sales Lead – Industry 360, Atos, MünchenFoto: Andriy Onufriyenko – www.gettyimages.dewww.atos.netAUF EINEN BLICKn 4P-Strategie als Regelkreis:Die Kombination aus Planen, Prüfen, Prognostizierenund Pivotieren überführt ERP-Daten und IoT-Sensordatensystematisch in konkrete operative Maßnahmenn Vielfältige Anwendungsbereiche:Von der Laderampenoptimierung über vorausschauendeWartung bis zur energieeffizienten Steuerung vonLadevorgängen und HVAC-Systemenn Messbare Effizienzsteigerung:Reduzierte Energie- und Wartungskosten, höhereBetriebssicherheit, verkürzte Wege und verbesserteVerfügbarkeit durch präzise Bedarfsprognosenn Kontinuierliches Lernen:Das System baut eine Wissensbasis auf, persistiertExpertenwissen und steigert die operative Leistungsowie Unternehmensresilienz fortlaufendwww.foerdern-und-heben.de f+h 2025/08 13