„HEUTE WISSEN, WAS MORGEN PASSIERT“ Wenn automatisierte Fördersysteme ungeplant stillstehen, kommt die Produktion zum Erliegen oder eine Kundenbestellung verlässt verzögert ein Logistikzentrum – die Folgen kann sich jeder selbst ausmalen. Damit es erst gar nicht so weit kommt, hat die Paul Vahle GmbH & Co. KG, Kamen, mit dem Smart Collector den weltweit ersten intelligenten Stromabnehmer auf den Markt gebracht. Das System sammelt im laufenden Betrieb Analysedaten über den Zustand von Stromschienen sowie deren Komponenten und erkennt so frühzeitig Anomalien. Jetzt erhält das System ein Update, das neue Funktionen mit sich bringt. Jessica Genz, Produktmanagerin bei Vahle, gibt uns detaillierte Einblicke in das System und die Neuerungen. Guten Tag, Frau Genz. Vahle hat mit dem Smart Collector das weltweit erste intelligente Stromabnehmersystem für Elektrohängebahnen und Kommissioniersysteme entwickelt. Können Sie die Merkmale zusammenfassen? Jessica Genz: Gerne! Mit dem System sind Anwender dazu in der Lage, ihre Anlagen jederzeit und von überall zu überwachen. Hierfür sammelt der Smart Collector eine Vielzahl an Anlagendaten, analysiert diese und macht so frühzeitig Verschleißerscheinungen oder sich abzeichnende Störungen erkennbar. Somit ist eine vorausschauende Wartung möglich, die Predictive Maintenance. Durch den Smart Collector wissen die Betreiber schon heute, was morgen passiert: Ungeplante Anlagenstillstände gehören somit der Vergangenheit an, Wartungsarbeiten finden dann statt, wenn diese notwendig sind – und das planbar und effizient. Mit dem Einsatz unseres intelligenten Stromabnehmers erhalten Unternehmen einen Boost an Prozesssicherheit. Die Anlagenverfügbarkeit steigt und Ressourcen lassen sich gezielter einsetzen. Wie funktioniert das System auf technischer Ebene? Jessica Genz: An den Stromabnehmer-Armen ist das System mit 3D-Sensoren ausgestattet, die alle Bewegungsdaten während des Betriebs erfassen, ohne seine Funktion zu beeinträchtigen. Die Daten werden zur Echtzeitanalyse an die On-board-Einheit übertragen. Bei einer festgestellten Anomalie wird eine Meldung an ein zertifiziertes Rechenzentrum gesendet. Die analysierten Messdaten lassen sich mithilfe unserer Software visualisieren und ermöglichen eine laufende Zustandskontrolle sowie verschiedene Serviceoptionen, die sich über jedes beliebige Endgerät abrufen lassen. Schwell- und Grenzwerte der Bewegungsdaten werden bei einer Referenzfahrt festgelegt. Praktisch ist, dass 34 f+h 2023/09 www.foerdern-und-heben.de
PRODUKTE UND SYSTEME NACHGEFRAGT Können Sie uns mehr über die neuen Algorithmen erzählen? Jessica Genz: Unsere Berechnungsmethode erlaubt es uns, selbst kleinste Anomalien in Echtzeit und zentimetergenau über die ganze Anlage hinweg zu detektieren. Zusammen mit noch präziseren Vergleichswerten steigt die Genauigkeit bei der Analyse und Planung beträchtlich. Das versetzt Instandhalter in die Lage, frühzeitig auf Probleme zu reagieren, noch bevor es zu einem Anlagenausfall kommt. Der neue Algorithmus bildet ferner eine solide Grundlage für zukünftige Entwicklungen, einschließlich dem maschinellen Lernen. Gibt es noch weitere Features im Release 1.2? Die Komponenten des Smart Collector Systems im Überblick: Der intelligente Stromabnehmer, die Main-Unit, die Einheit für die Datenübertragung und die Software der Smart Collector über die Kunden-Cloud laufen kann, über die Vahle dann auch auf das System zugreift, zum Beispiel für Updates. Zusätzlich bieten wir das System im Rundum-sorglos- Paket an. Von der Maßaufnahme, über die Konstruktion bis hin zur Installation sowie der Inbetriebnahme erhält der Anwender alles aus einer Hand. Dabei findet die Installation im Plug-and- Play-Konzept statt. Mithilfe von kontinuierlichen Schulungsmaßnahmen stellen wir sicher, dass die Anwender ihre Kenntnisse erweitern und das Gerät optimal einsetzen können. Wo ist das System im Einsatz und welche Branchen werden adressiert? Jessica Genz: In Deutschland ist das Predictive-Maintenance- Tool bereits im Einsatz. In anderen Ländern, wie Frankreich, Italien, den USA und Indien, ist geplant, das System schrittweise zu implementieren. Und zwar überall dort, wo es auf jede Minute ankommt: Dabei liegt unser Fokus primär auf der Nutzung in der Automobilindustrie, im Sorter-Segment und in jeder Anwendung, in der Kommissioniertechnik zum Einsatz kommt oder in der Produktionsumgebung – oder anders formuliert: überall dort, wo ein ungeplanter Stillstand den Kunden bares Geld kostet. Darüber hinaus haben wir die Einsatzfähigkeit im Tiefkühllager, hier sprechen wir über Temperaturen von bis zu minus 25 Grad Celsius, verbessert und können so auch unter extremen Bedingungen mit unserem System für Anlagensicherheit sorgen. Ferner wird der Smart Collector zukünftig für diverse weitere Stromschienensysteme einsatzfähig sein. Last but not least planen wir technische Upgrades, um die Effizienz und Leistungsfähigkeit des Systems noch weiter zu steigern. Stichwort Upgrades: Vahle hat den Smart Collector erst kürzlich mit neuen Funktionen ausgestattet. Was konkret verbirgt sich hinter den neuen Funktionen? Jessica Genz: Mit dem Release 1.2 haben wir nicht nur die Benutzeroberfläche erweitert, sondern unser Produkt auch IDAfähig gemacht. Das Kürzel IDA steht für Intelligent Dynamic Anomaly Analysis, eine Methode, bei der die komplette Anlage in Echtzeit vermessen und auf ihren Zustand hin analysiert wird. Dadurch lassen sich Anomalien noch präziser erfassen und Verschleißerscheinungen frühzeitig erkennen. Außerdem wurden verschiedene Algorithmen und Logiken entwickelt, die eine Zeitreihenanalyse möglich machen. Jessica Genz: Das Release 1.2 bietet außerdem eine erweiterte Datenstruktur. Die Bewegungsdaten des Stromabnehmers werden in zwei Bereiche unterteilt: die Bewegung zur Stromschiene hin oder von ihr weg, bezeichnet als „Hub“, und die seitliche Bewegung, bezeichnet als „Auslenkung“. Durch die Erfassung und Verarbeitung dieser Daten kann das System nun zwischen beiden Arbeitsbereichen unterscheiden und somit jeweils Fehlstellen erkennen. Darüber hinaus ermöglicht das Update die Nutzung der Zoom-Funktion, um vorhandene Daten bis auf den Millimeter genau aufzulösen. Dadurch lassen sich kleinste Abweichungen von der Referenz lokalisieren. Instandhalter können die Ergebnisse frühzeitig im eigens entwickelten Dashboard sehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Ausfallzeiten zu minimieren. Zudem lassen sich so Wartungseinsätze sowie Servicemaßnahmen frühzeitig planen. Das gilt nicht nur für den Einsatz von Personal, sondern auch von Material. Kurz gesagt: Wir verlängern schlicht und einfach die Lebensdauer der Anlage. Wann wird das Update für den Smart Collector verfügbar sein? Jessica Genz: Das Smart Collector Release 1.2 ist ab sofort weltweit verfügbar. Wir möchten den Nutzern die Möglichkeit geben, von den neuen Funktionen zu profitieren und ihr Feedback erhalten, um unsere Lösung weiterzuentwickeln, exakt auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten. Für zukünftige Erweiterungen planen wir also die Integration zusätzlicher Sensoren. Welche Sensoren sind das? Jessica Genz: Lassen Sie sich überraschen. Vielen Dank, Frau Genz, für die ausführlichen Informationen. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrem System. Jessica Genz: Vielen Dank. Es war mir eine Freude, mich mit Ihnen über die neuen Funktionen und Möglichkeiten des Smart Collectors auszutauschen. Die Fragen stellte Winfried Bauer, Chefredakteur f+h Fotos: Vahle www.vahle.de WIR VERLÄNGERN SCHLICHT UND EINFACH DIE LEBENSDAUER DER ANLAGE www.foerdern-und-heben.de f+h 2023/09 35
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