DIE AUTOMATISIERUNGSGESCHICHTE VON BETZOLD AUTOMATISIERUNG ALS TRIEBFEDER KLEINER UND MITTLERER UNTERNEHMEN Automatisierung hat enormes Potenzial zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). Ihr Einsatz spart Zeit, ermöglicht Wachstum und erlaubt bedarfsorientierten Personaleinsatz. Die Möglichkeiten sind vielfältig, das technisch Machbare geprägt von rasantem Fortschritt. Automatisierung als reiner Selbstzweck ist jedoch sinnlos. Für ihren Erfolg bedarf es eines Blicks für das große Ganze genauso wie der detaillierten Planung jedes einzelnen Schritts. Das hat die Arnulf Betzold GmbH, Ellwangen, Anbieter von Lehrmittelbedarf, frühzeitig erkannt und ihre kontinuierlich positive Geschäftsentwicklung stringent durch den Einsatz von Automatisierungsmaßnahmen ermöglicht und vorangetrieben. Seit fast 20 Jahren begleitet das Unternehmen Fortna, Hamburg, Betzolds langfristige, intelligente Zukunftsplanung durch den zielgerichteten Einsatz moderner Logistiklösungen. VOM KMU ZUM MARKTFÜHRER Im Jahr 2006 stand Betzold vor einer Herausforderung: Das Wachstum des Unternehmens erforderte mehr Leistung in Lager und Logistik. Das Unternehmen beauftragte das Beraterteam von Fortna. „Bereits nach der ersten Begehung unserer Logistik sahen die Experten von Fortna viel Potenzial, mit ‚einfachen Mitteln viel bewegen zu können‘ – für mich damals keine schmeichelhafte Bewertung des Ist-Zustands, aber sie hatten natürlich recht“, erinnert sich Geschäftsführer Ulrich Betzold, und ergänzt: „Damals hatte Amazon gerade den Wandel von der Buchhandlung hin zum Vollsortiment-Anbieter vollzogen. Wir erkannten, dass Liefergeschwindigkeit entscheidend sein wird für die Zufriedenheit unserer Kunden – darum holten wir uns Logistikexpertise ins Haus.“ Die Lösung, die mit der Unterstützung von Fortna im Jahr 2007 implementiert wurde, war eine 2-stufige Karton-Direktkommissionierung mit teilautomatisierten Prozessen. „Dieses erste Automatisierungsprojekt bewirkte erhebliche Effizienzsprünge“, erläutert Andreas Spitzki, von Tag 1 bis heute federführender Berater des für Betzold zuständigen Fortna-Teams. „Schnelligkeit wurde zum Aushängeschild des Unternehmens. Damit startete eine Automatisierungsgeschichte, die bis heute vorangetrieben wird und für die Betzold branchenübergreifend bekannt ist.“ Ihre Meilensteine: die Erweiterung der Lagerkapazität durch den Neubau eines Vorratslagers mit automatischem Paletten- Hochregallager im Jahr 2009, die Implementierung eines Shuttle- Systems 2021 sowie die umfassende Modernisierung der Logistik durch Einführung von „Ware zum Mann“-Kommissionierung, ergonomisch höhenverstellbaren Arbeitsplätzen, einer Volumenreduziermaschine, automatischen Kartonaufrichtern, automatischem Rechnungsdruck und -einwurf sowie einem neuen Warehouse Management System. „Über die Jahre haben wir eigene Logistikkompetenz aufgebaut. Hierbei wurden wir unterstützt von Fortna: Durch die stetige Begleitung und den kontinuierlichen Input waren wir in puncto Automatisierung immer auf dem Laufenden. Zudem haben wir den Austausch mit Netzwerkpartnern über die Jahre intensiviert und tiefgreifende Einblicke in andere erfolgreich implementierte auto- 26 f+h FOKUS KMU 2024 www.foerdern-und-heben.de
ERFOLGSGESCHICHTEN matische Systeme erhalten“, erläutert Ulrich Betzold seinen Weg. Automatisierungsmaßnahmen können ihr volles Potenzial nur entfalten, wenn sie von der kompletten Belegschaft gelebt werden. Auch hier ist Betzold ein Branchenvorbild: Führungskräfte gaben Wissen und Erkenntnisse aus abgeschlossenen Logistikprojekten frühzeitig an die Mitarbeiter weiter und förderten damit den Ausbau von Inhouse-Wissen. Bei Betzold trug das sogar zum Aufbau eigener Wartungs- und Reparaturkompetenz durch ein internes Haustechnik-Team bei. „Ein Unternehmen, das vorhat, in einem Schwung zu automatisieren und erst mit diesem Entschluss in den Aufbau von Wissen einsteigt, wird sich schwertun“, ist Ulrich Betzold überzeugt. SEKUNDÄRE PROZESSE NICHT VERNACHLÄSSIGEN Im Zuge einer schrittweisen Automatisierung ist es sinnvoll, sich dem Technologiesektor frühzeitig zu öffnen, auf die Erfahrung von Logistikexperten zu vertrauen und auch sekundäre Prozesse genauer unter die Lupe zu nehmen. „Wir haben durch die Automatisierung der Altkartonage-Entsorgung mit dem Umzug unseres Lager- und Versandsystems im Jahr 2012 immenses Potenzial freigesetzt“, erinnert sich Ulrich Betzold. „Auf den ersten Blick erscheint das banal, aber die Sammlung der Altkartonage, der manuelle Zusammenschnitt und die anschließende Entsorgung 01 Die „Ware zum Mann“-Kommissionierung mit ergonomisch höhenverstellbaren Arbeitsplätzen LANGFRISTIGE PLANUNG UND BEREITSCHAFT ZU STETIGER INNOVATION SIND ERFOLGS-GARANTEN war mit enormen Laufwegen und aufwändigen Prozessen verbunden. Mit dem direkten Transport der Altkartonage über Fördertechnik in den Presscontainer haben wir nicht nur unsere Effizienz erhöht, sondern auch die Zufriedenheit des vormals für diese Tätigkeit verantwortlichen Mitarbeiters gesteigert, der nun in einer Position arbeitet, die seinen Fähigkeiten viel gerechter wird.“ Der Kategorie KMU inzwischen entwachsen, baut Betzold mit jedem neuen Projekt seine Vorreiterrolle weiter aus. Aktuell entsteht, wie in der langfristigen Planung frühzeitig berücksichtigt, der Erweiterungsbau der Shuttle-Halle. Im Zentrum stehen der hohe Automatisierungsgrad im Wareneingang und die automatisierte Weiterverarbeitung: Mailorderfähige Kartons werden künftig durch das AKL in ein automatisches Kartonlager transportiert. Von dort aus durchlaufen sie ein automatisches Etikettiersystem bis zum Warenausgang. Tests und Inbetriebnahme sind für das 1. Quartal 2025 anvisiert. Bereits in Planung ist auch eine vollständig Robotik-gestützte Be- und Entladung der Wechselbrücken-Container. Die Logistikgeschichte von Betzold, geprägt von langfristiger Planung und Bereitschaft zu stetiger Innovation, zeigt eindrucksvoll, wie Automatisierung nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit sichert, sondern Unternehmen sogar zu Vorreitern ihrer Branche aufsteigen. Fotos: Arnulf Betzold www.fortna.com 02 Die Volumenreduziermaschinen verringern ungenutzten Raum in den Paketen. Dies spart Versandvolumen und überflüssiges Polstermaterial LEARNING Leistungsfähige automatische Systeme steigern Kapazität und Effizienz, wenn die Abwicklung holistisch betrachtet wird und n die Mengen auch von allen vor- und nachgelagerten Prozessen abgebildet werden können, n die Kompatibilität der Systeme sichergestellt ist und Redundanzen vermieden werden, n Software als Bestandteil des Automatisierungskonzepts in der Planung berücksichtigt wird – primär bei der Integration von Systemen unterschiedlicher Anbieter, n alle Prozesse von allen Beteiligten verstanden werden, damit die beste und nicht die teuerste Lösung gefunden wird, n die Mitarbeiter aktiv in den Change- oder Übergangsprozess eingebunden werden, n Expertise greifbar ist – für eine risikoärmere und stressfreiere Implementierung von Automatisierung. Quelle: Fortna www.foerdern-und-heben.de f+h FOKUS KMU 2024 27
Laden...
Laden...